Dienstag, 22. Mai 2012 von Karin S. Wozonig
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Parodie und Politik

Wie „Phil“ in einem Kommentar ganz richtig angemerkt hat, kann das von mir in diesem Blog kürzlich in Auszügen zitierte, parodistische Wanderlied von Rudolf Rodt ein Beispiel für eine überzeitliche politisch-ideologische Satire sein. Der Wanderlustige appelliert an den „Alten“ (seinen Vater), ihn an die Orte seiner Träume ziehen zu lassen, die er, der Wanderlustige, sich durchaus bunt ausmalt. Das Gedicht hat Rodt, alias Ludwig Eichrodt, „zum Deklamiren für die deutsche Schuljugend“ verfasst, was sich sehr deutlich in den sinnigen Versen der Strophe 8 zeigt:

Nach Algerien, nach Algerien
Laß mich in den Osterferien…

Allerdings wird schnell klar, dass die gemeinte Schuljugend der typische deutsche Student und vormärzliche Burschenschafter auf der Suche nach dem besseren Leben ist. Nicht nur die Zeilen

Nach Franzosien, nach Franzosien
Wo die Rebellion gieng losigen…

sondern auch die Erwähnung von „Newyorkien“ als Ort

Wo genest der Europarier,
Wo der letzte Proletarier
sich in seid’ne Tücher schneuzt…

und viele andere Stellen des umfangreichen Wanderlieds sind Anspielungen auf die Freiheits- und Einigkeitsbestrebungen der Studenten in den deutschen Landen. Und am Ende geht das „Gespenst“ von Marx und Engels um:

Nach Utopien, nach Utopien
Werd‘ ich ziehn nach allem Obigen,
Wo die luft’gen Schlösser sind.
Wo kein Scheiden und kein Meiden,
Wo man lebt in ew’gen Freuden,
Und der Kommunismus grünt –
Dahin, Alter, laß uns ziehn!

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