Reiseprojekte
Vor einigen Tagen berichtete ich über die 1837 von dem eloquenten Spötter M. G. Saphir gegründete Zeitschrift „Der Humorist“. Am 20. Oktober 1837 erschien in diesem Blatt das Gedicht „Reiseprojekte“ von Betty Paoli, das, da zur Saison passend, in seiner vollen Länge zitiert sei:
Reiseprojekte
Ihr hohen Kathedralen
Am alten, heil’gen Rhein,
Umspielt von tausend Strahlen,
Im hellen Sonnenschein;
Ihr stolzgethürmten Zinnen,
Auf Bergen rebumblüht,
O wie es mich von hinnen
In eure Nähe zieht!
Und wie’s mich sehnend ziehet
In’s schöne Frankenland,
Wo frei der Ölbaum blühet,
An blum’ger Bergeswand;
Wo aus dem Blättergrunde
Hell die Orange blinkt,
Und wo voll süßer Kunde
Vaucluse hernieder winkt!
Mein Rom, mein ewig hehres
Sorrent‚, Neapolis,
Du schöne Braut des Meeres,
Du irdisch Paradies,
Alhambra, edle Trümmer,
Und du, Escurial,
Erscheint ein Rosenschimmer
Dem Sehnen allzumal! –
So streifet mein Begehren,
Hin durch die weite Welt,
Und wer will mir verwehren
Zu zieh’n, wenn mir’s gefällt?
Das Leben steht mir offen,
Mich hält nicht Amt noch Pflicht
Hier fest, und auch kein Hoffen
Und Glück auch wahrlich nicht!
Von einem Jahr zum andern
Schob ich die Reise auf,
Begonnen sei das Wandern,
Der lebensrasche Lauf!
Will in die Weite streben,
Will morgen sein bereit!
„Gewiß?“ – O du mein Leben,
Stets morgen, niemals heut!
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