Montag, 23. Juli 2012 von Karin S. Wozonig
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Das Wunderding

Das Internet ist ein Wunderding. Ich bin virtuell über eine Bachelor-Arbeit gestolpert, in der sich das Faksimile einer Seite eines Briefs von Betty Paoli an Friedrich Fürst Schwarzenberg findet. Der Verfasser der Arbeit hat sich nicht die Mühe gemacht, das Korrespondenzstück zu entziffern. Das erstaunt mich nicht, hat Betty Paoli doch schon Jahrzehnte vor Gicht und „Chloral“-induzierter Zittrigkeit eine eher schlampige Handschrift.

Nach längerer paläographischer Bemühung weiß ich jetzt: Der Fürst geht auf die Jagd und die verständnisvolle Dichterin wünscht ihm viele Hirsche.

Freitag, 20. Juli 2012 von Karin S. Wozonig
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Märchen erzählen

Morgen werde ich wieder einen meiner „literarischen Salons“ abhalten, ein Treffen, das dem Austausch über ein Thema gewidmet ist und bei dem die kultivierte Diskussion im Mittelpunkt steht – Kaffee und Kuchen sind erfreuliche Ergänzungen. Ich habe die Anregung einer Teilnehmerin beim letzten Treffen aufgenommen und vorgeschlagen, wir könnten morgen über Märchen sprechen. Ich fange selbstverständlich wie immer im neunzehnten Jahrhundert an, also mit den Kinder- und Hausmärchen der Gebrüder Grimm, aber ich hoffe, dass wir auch auf Brave zu sprechen kommen werden, einen Disney-Animationsfilm, den ich mit Vergnügen gesehen habe. Oder auf Shrek. Und auch über tschechische Märchenfilme gäbe es viel zu sagen. Das Märchen verträgt den Medienwechsel vom Buch zum Film sehr gut, finde ich.

Vielleicht werde ich auch gar nicht über die Gebrüder Grimm sprechen, sondern mich stattdessen dem „Märchenroman“ Das Leben der Hochgräfin Gritta von Rattenzuhausbeiuns von Gisela und Bettina von Arnim widmen, einer lohnenden Lektüre, wenn man z.B. das Katapultieren von Untergebenen und Töchtern interessant findet:

Jeden Tag wurde die Rettungsmaschine etwas höher geschraubt; sie bestand nämlich darin, daß sie einen im Augenblick der Gefahr von der gefährlichen Stelle durch einen leisen Druck wegschleuderte. Der Graf laborierte seit einem Jahr daran, daß die Maschine bei diesem Wegschleudern einem nicht wehe tue; dies sollte durch den wohlberechneten Bogenschwung bewerkstelligt werden. Alles was in die Nähe des gestrengen Herrn kam, mußte springen, Mensch und Tier. – Es stellte sich der Graf in einiger Entfernung; heute war die Maschine höher als je gespannt. Müffert setzte sich auf den Sessel, nahm Mut, wenn er welchen fand, drückte und sauste durch die Lüfte hoch – und blieb an einem weit aus der Wand ragenden Stock hängen, der, schön ausgeschnitzt und mit eingelegten Messingfiguren verziert, wahrscheinlich früher zum Halter einer Ampel gedient hatte. Jetzt hing ein langer Faden mit Fliegenleim daran herab, und Müffert hing in Gesellschaft der Summenden und Brummenden, ängstlich in die Tiefe schauend, über die er sonst in einem Bogen weg flog; aber jetzt war er in höchster Höhe hängen geblieben; so schwang er sich rittlings auf den Ampelhalter. Der Graf sah mit großen Augen zu, war zornig, und rief »Kuno Gebhardt Müffert, Du gleichst schier einem Lämplein, daß Du so hängen bleibst.« -»Jetzt komm einmal, Kleine, Du bist von meinem Fleisch und Blut, spring ordentlich!« – Der Graf hob die kleine Gritta auf die Maschine: »Da«, sagte er, »ich will sie auch ein wenig niederer schrauben.« – »Vater«, rief Gritta, »sie ist doch heute so hoch.« – »Ach was«, sagte der Graf und brummte; fix griff die kleine Gritta zu dem Knopf, drückte und sprang; aber es ward ihr so angst, des armen Müffert Beine schwebten dicht über ihr, sie griff zu und blieb aus dem Schwung gebracht daran hängen. »Oh«, schrie der Vater zornig, »war das mein Bein, was da hängen bleibt, mein Bein und Fleisch?« – Während dieser Worte hatte Müffert die zitternde Gritta zu sich aufgehoben und setzte sie nun in ein kleines Mauernischchen neben an, zu einem uralten zerbrochenen Muttergottesbild.

Samstag, 7. Juli 2012 von Karin S. Wozonig
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Kempner atemlos

Ein letztes Mal möchte ich mich in meinem Blog luftig-sommerlich mit Friederike Kempner, der unfreiwillig komischen Dichterin beschäftigen. Im Vorwort der fünften Auflage ihrer Gedichtsammlung beklagt sie sich darüber, dass sie sich

wie mancher Beherrscher von Rußland … fast täglich von anonymen Briefen heimgesucht

sieht, von Briefen „anonymer Feindschaft“ nämlich, als die Kempner Spott und Hohn über ihre missglückten Verse zeitlebens betrachtete. Aber ganz richtig beobachtet sie, dass

das liebenswürdige Publikum diese gemeinen Angriffe kaum seiner Entrüstung gewürdigt und in seiner reichen Gunst sind die Gedichte ein bleibendes Buch geworden.

Wie in einem früheren Blogeintrag berichtet, war die Erfolgsautorin Gabriele Reuter, deren Roman Aus guter Familie (1895) mit beklemmender Genauigkeit die emotionale Über- und intellektuelle Unterforderung von bürgerlichen Frauen in ihrer Zeit schildert, ein Fan der „göttlichen Rieke“.

Auch Marie von Ebner-Eschenbach (über die Gabriele Reuter eine biographische Skizze verfasst hat), kannte die Gedichte Kempners und nützte eines davon für die Charakterisierung einer weiblichen Figur in ihrer Erzählung Bertram Vogelweid: Siglinde, von ihrer Mutter genötigt in Gesellschaft ein Gedicht vorzutragen, bekommt „schwere Atembeklemmungen“, trotzdem bereitet sie mit ihrem Vortrag dem Auditorium „ein wahres Vergnügen“. Ebner-Eschenbach konnte voraussetzen, dass Kempners „Wanderer“, von „Lindchen“ mit nervöser Kurzatmigkeit rezitiert, ihren Leserinnen und Lesern bekannt war.

Der müde Wandrer sitzet am Steg,
Vorüber eilet der Fluß,
Am Ufer lehnend, die Hände gekreuzt,
Und badet den müden Fuß.

Die Hände so braun und braun ist der Fuß,
Noch brauner ist das Gesicht,
Wo kam er nur her, der müde Gesell,
Wahrhaftig, ich weiß es nicht.

Dienstag, 3. Juli 2012 von Karin S. Wozonig
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Schnell reagiert

Eine Ergänzung zu meinem vorherigen Blogeintrag: Der Texter und Autor eines Schreibratgebers Aurel Gergey hat schnell reagiert und den Titel seiner Publikation gekürzt. Besser schreiben lernen. Guter Ausdruck macht Eindruck gibt es als Gratisdownload.