Bettina von Arnim berichtet 1823 vom Leben auf dem Land:
Das Schreiben vergeht einem hier, wo den ganzen Tag, das ganze Jahr, das ganze liebe lange Leben nichts vorfällt, weswegen man ein Bein oder einen Arm aufheben möchte. Ich kenne kein Geschäft, was den Kopf mehr angreift als gar nichts tun und nichts erfahren; jeder Gedanke strebt aus der Lage heraus, in der man sich befindet, man fliegt und erhebt sich weit und mit Anstrengung über die Gegenwart und fällt umso tiefer, um so gefährlicher wieder zurück, daß es einem ist, als ob man alle Knochen zerschlagen habe.
Es ist traurig, dass diese Lebensart, die ursprünglichste und natürlichste des Menschen, jezt von so vielen gering geschäzt wird, so dass selbst der glückliche Landmann es kaum erwarten kann, bis sein Sohn ein studirter Taugenichts ist, und das Misverhältniss zwischen Städter und Landmann immer größer zu werden scheint. Gewiß, es stünde besser um die Glückseeligkeit der einzelnen Individuen und des Ganzen, wenn sich ein großer Theil der jezt gangbaren Federmesser und Papierscheeren in Sicheln und Pflugschaare, und der jezt mit schreibender Handarbeit beschäftigten Finger in pflügende und ackernde Hände verwandelte. Es ist ja das erste bey so vielen auch nur Handarbeit, aber die leztre ist nüzlicher. … Gewiss, alle die so traurigen Folgen des sitzenden Lebens und der Kopfanstrengung würden wegfallen, wenn ein solcher Mann täglich einige Stunden, oder alle Jahre einige Monate den Spaten und die Hacke zur Hand nähme, und sein Feld oder seinen Garten bearbeitete (denn freylich nicht die gewöhnliche Art auf dem Lande zu leben, die meistentheils nichts weiter heißt, als Bücher und Sorgen mit hinaus zu nehmen, und, anstatt im Zimmer, nun im Freyen zu lesen, zu denken und zu schreiben, — kann jenen Zweck erfüllen).
Lesefrucht aus:
Christoph Wilhelm Hufeland: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.