Donnerstag, 16. November 2023 von Karin S. Wozonig
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Jutta Person über nature writing

Sollte sich die geneigte Leserin, der geneigte Leser dieses Blogs gefragt haben, warum ich nach längerer Abwesenheit einen alten Biophilie-Aufsatz von mir zitiert habe: Es hat einen konkreten Anlass gegeben, denn Jutta Person, die Autorin des von mir sehr geschätzten Naturkunden-Portraits der Esel, hat den Johann-Heinrich-Merck-Preis bekommen und bei ihrer hier nachzulesenden Dankesrede gesagt:

Wenn das Schreiben über Natur so etwas wie ein Archiv der Wahrnehmungsphantasie ist, und wenn dieses Archiv das Bewusstsein schärft für alles, was gerade verloren geht, dann wäre schon viel gewonnen.

Außerdem hat sie Mary Hunter Austin erwähnt, Autorin von The Land of Little Rain, ein Buch, das ich mag. Ich mag auch Kakteen, das verbindet mich mit Adalbert Stifter.

Freitag, 14. Juli 2023 von Karin S. Wozonig
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Marie von Ebner-Eschenbach aus Mähren

Die neuesten Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes befassen sich mit der Germanistik in Tschechien und ich habe beigetragen: Aufs Neue verdienter Ruhm. Neue Sichtweisen auf Marie von Ebner-Eschenbach. Denn:

Wer sich mit wenig Ruhm begnügt, verdient nicht vielen.

Marie von Ebner-Eschenbach

Freitag, 23. Juni 2023 von Karin S. Wozonig
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Samstag, 3. Juni 2023 von Karin S. Wozonig
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Schreiben über das Schreiben von Betty Paoli

Und zwar schreiben über das journalistische Schreiben Betty Paolis. Die altehrwürdige Wiener Zeitung hat einen betrüblichen Grund, sich mit ihrer Geschichte – einem wichtigen Teil der österreichischen Presse- und Kulturgeschichte – zu befassen und tut das unter anderem, indem sie auf den Platz hinweist, den sie früh den Journalistinnen eingeräumt hat. Ja, Betty Paoli war die erste Journalistin Österreichs und hat auch für die Wiener Zeitung geschrieben.

Die interessante Folge der Serie von Andrea Reisner und Paul Vécsei sei ergänzt um die Information, dass in der Wiener Zeitung nicht nur Paolis interessante Rezensionen über C. F. Meyer erschienen sind, die ersten Besprechungen von Meyers Büchern in Österreich – Paoli war aber nicht immer glücklich über die Aufgabe.

In der Wiener Zeitung ist auch eine Übersetzung Paolis erschienen. Nachdem die Revolution 1848 ihr das Leben schwer gemacht hat, hat sich Paoli nach neuen Einnahmequellen umgesehen und Russisch gelernt. Die russische Literatur sei so reich und sie sei im deutschen Sprachraum zu unbekannt, das müsse man ändern, meint Paoli und setzt sich hin und lernt. Nach drei Monaten berichtet sie: „Meine Fortschritte sind ganz anständig und wären noch größer, wenn ich nicht eine Art Faulthier zum Lehrer hätte.“ Nach einem Jahr übersetzt sie für die Wiener Zeitung Michail Lermontow.

Und noch ein fun fact: Paolis erster Feuilletonbeitrag für die Wiener Zeitung handelt von ihrem Besuch bei Jules Janin in Paris, einem Romanautor und Kritiker, an dem wohl niemand vorbei kam, der selbst für die Zeitung schrieb. Er war eine Edelfeder, einflussreich und umstritten. Paoli mochte seine konservative Art und seinen

rücksichtslosen Freimuth, womit er das Schlechte schlecht, das Gemeine gemein zu nennen wagt, gleichviel unter welcher Firma es den Beifall der gedankenlosen Menge zu gewinnen strebt.

Mittwoch, 31. Mai 2023 von Karin S. Wozonig
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Reden über Paoli

Und zwar über ihr Leben und ihr Netzwerk, abgebildet im umfangreichen Nachlass, der in der Wienbibliothek liegt. Dort findet denn am 22. Juni auch das Gespräch über sie statt, und zwar in der Reihe „Klassikaner!“, in der Schätze der Sammlung im Rathaus präsentiert werden. Es wird auch Paoli-O-Ton zu hören geben, der zum Titel der Veranstaltung passt: Imposant gescheit und hinreißend.

Montag, 22. Mai 2023 von Karin S. Wozonig
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Keine Gelegenheit auslassen

O ja, auch bei dem Thema Freundschaft kann man ausgiebig über das neunzehnte Jahrhundert sprechen, ja, gerade bei dem. Und über Betty Paoli, (die aber gelegentlich den Überblick über ihren geselligen Kreis verloren hat). Also: Science-Talk > Wozu sind Freunde/Freundinnen da?

Donnerstag, 13. April 2023 von Karin S. Wozonig
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Betty Paoli in der prosaischen Ecke

In der Zeitschrift Schweizer Frauenheim wurden immer wieder Gedichte von Betty Paoli abgedruckt. Die werfen aber gelegentlich Fragen auf, die sich nur im „Sprechsaal“, der Ratgeberecke der Zeitschrift, beantworten lassen, wie Sie hier nachlesen können.

Freitag, 24. März 2023 von Karin S. Wozonig
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Emilie Zanini

Um nicht für ihr unweibliches öffentliches Auftreten kritisiert zu werden, publizierten viele Frauen im neunzehnten Jahrhundert anonym, unter (männlichem) Pseudonym, zeichneten ihre Texte nur mit Chiffren oder Initialen. Für die Literaturgeschichtsschreibung sind sie deshalb fast verloren. Lexikonprojekte wie das zitierte von Carl von Schindel oder das Lexikon deutscher Frauen der Feder von Sophie Pataky (1898) versuchen, Abhilfe zu schaffen, die Frauengeschichtsforschung im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts hat viel Material gesammelt. Aber die Lücken bleiben trotzdem groß.

Emmy., Emmy… oder Emmy*** ist das Pseudonym, unter dem Emilie Zanini Charaden, also gereimte Silbenrätsel, in Zeitschriften und literarischen Taschenbüchern veröffentlichte, unter anderem in einer Rubrik mit dem Titel „Nüsse zum Aufknacken für schöne Zähne“. Eine Sammlung ihrer Novellen und Verserzählungen wurde 1834 unter dem Titel Märzveilchen bei Tendler in Wien herausgegeben.

Donnerstag, 23. März 2023 von Karin S. Wozonig
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Emmy… ?

Der Sammler der Namen, Daten und Biographien der Schriftstellerinnen seiner Zeit (ab 1800), Carl von Schindel, beklagt sich also, wie im vorigen Blogeintrag berichtet, über die mangelnde Unterstützung für sein Projekt. Männer seien vorurteilsbehaftet oder gleichgültig und Frauen wollten ihre Anonymität oder ihr Pseudonym nicht preisgeben, um nicht dafür kritisiert zu werden, dass sie sich durch Veröffentlichung unziemlich, nämlich unweiblich, verhalten. Keine Gefahr, meint Schindel noch in seinem Vorwort 1822. Drei Jahre später weiß er es dann schon besser:

Wahr dürfte es also wohl seyn, die Pflichten des häuslichen Kreises fordern das Weib in jenen Verhältnissen zu so vielen Beschäftigungen auf, daß es wohl zu besorgen ist, es werde, wenn dasselbe als Schriftstellerin auftritt, leicht in Gefahr kommen, jenen heiligen Beruf nicht in vollem Maße zu erfüllen, und im Allgemeinen beides schwer mit einander vereinigen können.

Das weiß auch Emmy…, eine vielgelesene Dichterin, seinerzeit bekannt vor allem für ihre „Charaden“, gereimte Silbenrätsel, die in Zeitschriften veröffentlicht wurden, aber auch Verfasserin von Novellen, Verserzählungen und Parabeln.

Feder und Nadel.

Ich saß in meines Stübchens trauten Räumen,
Beim letzten späten Abendlicht allein,
Wohl blickten hell die wundergoldnen Strahlen,
Durch’s Fenster friedlich mild zu mir herein.

Ich sah verloren in ein fröhlich Sinnen,
Der Rosenwolken leuchtende Magie,
Da weckte plötzlich leises, leises Flüstern
Mich aus dem heitern Spiel der Phantasie.

Und ich vernahm mit nie gefühltem Staunen
Gar einen seltnen, wunderbaren Streit,
Es hatten meine Feder, meine Nadel,
Gleich einem Liebespärchen sich entzweit.

Und wißt ihr wohl warum sie sich befehdet,
Mit bitterm Groll gerüstet, und bewehrt,
Sie zankten sich den Lauf der Zeit zu füllen,
Die hingeschwunden, nimmer wieder kehrt.

Die Nadel.

Ich komme dich Verwegne anzuklagen,
Die mir das Recht, das mein ist, schnöd entzieht,
Du drängst dich frevelnd in des Reiches Grenzen,
Wo nur des Fleißes Blume freundlich blüht.

Ich bin die Zierde in des Mädchens Händen,
Du stachelst nur des Spottes bittres Wort,
Mir sey geweiht der Frauen stilles Walten,
Geräuschlos in des Friedens sicherm Port.

Die Feder.

Du hältst den Geist am trüben Erdenlande,
Ich rufe Träume leise aus der Brust,
Und webe freundlich in das ird’sche Leben
Der dornenlosen Blüthen heitre Lust.

Die Nadel.

Was ich gebildet mit bescheidnem Sinne,
Bleibt sittig in dem wohlbewahrten Haus,
Was du geschaffen hast mit buntem Streben,
Das flattert eitel in die Welt hinaus.

Wo sich des Mannes kühner Geist entfaltet,
Dort bannt dich hin mein richterliches Wort,
Dort ernte Ruhm, hier wuchert nur der Tadel,
Die Nadel ist der Frauen Schmuck und Hort.

Die Feder.

Bezähme doch des Hasses düstres Schmollen,
Fern blieb mir stets des Dünkels frevle Spur,
In Gartenräumen blüht die hohe Malve,
Doch blüht ja auch das Veilchen auf der Flur.

Wohl gleichet mancher Sang aus goldnen Saiten,
Dem Phönix, der zum Sternenkranze dringt,
Indeß mein Lied nur wie ein weißer Falter
Sich um das niedre Wiesenblümchen schwingt.

Die Nadel.

Schon in des Gynecäums ernsten Hallen
War ich geliebt, und freundlich wohl bekannt,
Zu jeder Zeit blieb ich den Frauen eigen,
Dem ernsten Treiben bist du anverwandt.

Die Feder.

Ich führe in der Vorwelt Duftgefilde
Des jungen Daseyns Pilgerinn zurück,
Und in das lichte Jugendland der Träume,
Erhebt sich fröhlich der umhüllte Blick.

Und hast du je noch reichen Lohn gespendet,
Wenn dich des Fleißes Hand regieret, sprich?
Oft hast du tiefe Wunden schon gegeben,
Heiß, schmerzlich blutend wie der Viper Stich.

Die Nadel.

O schweige doch Verblendete, Bethörte,
Kein glühend Gift mein Bienenstachel trägt,
Und tiefer brennt die Wunde oft im Herzen,
Die manche deiner Schwestern zürnend schlägt.

Stets werd‘ ich siegen soll die Wahl entscheiden,
Mein blanker Zauber Frühlingsblumen haucht.
Du wirst in schwarzer Fluten trauernd Dunkel,
Wie in Kozytus Wellen eingetaucht.

Die Feder.

Du schmähest mich mit deines Grimmes Toben,
Vom ungerechten blinden Zorn entbrannt,
Ich trat dir nimmer feindlich doch entgegen,
Stets wurdest du als Herrinn anerkannt.

Die Nadel.

Umsonst, dein Flehn, es ist und bleibt vergebens,
Du raubst die Stunden, welche mir geweiht,
Und keine Macht der Erde bringt sie wieder,
Die hingeschwundne, die verlorne Zeit.

Da eilt ich schnell den Hader auszugleichen,
Der kleinen zürnend aufgeregten Macht,
Dem Kampf des Friedens Öhlzweig zu entlocken,
Wie aus dem Schnee der junge Lenz erwacht.

Und meine Nadel hat das Wort vernommen:
Dein soll der Kreis der lichten Horen seyn,
Kein Pendelschlag sey frevelnd dir entzogen,
Vom goldnen Morgen bis zum Abendschein.

Doch sinkt das Dunkel feierlich hernieder,
Verbleicht des Tages letzter Rosenglanz,
Dann mag die Feder meine Stunden flügeln,
In anspruchsloser Lieder heiterm Kranz.

Da sühnten fröhlich ihrem Zwist die Beiden,
Und mancher strengen Weisung sey es kund,
Es einten meine Feder, meine Nadel,
Sich eng in einem treuen Schwesterbund.

Emmy.

In: Huldigung den Frauen. Ein Taschenbuch für das Jahr 1831. Wien bey Fr. Tendler. S. 149ff.

Donnerstag, 23. März 2023 von Karin S. Wozonig
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Unbekanntschaft mit den Autorinnen

Im Jahr 1822 schickt Carl Wilhelm Otto August von Schindel dem ersten Band seines Lexikons „Die deutschen Schriftstellerinnen des neunzehnten Jahrhunderts“ eine Vorrede voran, in der er die Probleme beim Sammeln von Informationen über schreibende Frauen darlegt. Der Verfasser würde, wenn er „diese Schwierigkeiten anfangs in ihrer ganzen Größe vorausgesehen hätte, die Idee ganz aufgegeben haben“. Schindel bedankt sich bei jenen, die ihn mit biobibliographischen Daten versorgt haben, setzt aber hinzu, dass „mehrere Literaturkenner“, die ihm die „genügendsten Nachweisungen vielleicht gewähren konnten“, seine „Gesuche“ nicht erfüllt hätten, seine „sehr bescheidenen Bitten in Briefen und in öffentlichen Blättern, auch an Schriftstellerinnen selbst gerichtet, wurden durch Entschuldigungen mit überhäuften Geschäften erwidert, oder blieben wohl ganz ohne Antwort“.

Schreibende Frauen möchten anonym bleiben. Dafür hat Schindel in gewisser Weise Verständnis, argumentiert aber: „Die rühmliche Bescheidenheit, womit Schriftsteller ihre Werke ihren Zeitgenossen ohne Nennung ihres Namens übergeben, verdient alle Achtung, aber nicht leicht finden sich Männer, wenn sie von Literaturfreunden in ihren dahin einschlagenden Schriften mit ihrem Namen aufgeführt werden, beleidiget […]. Sollte aber vielleicht die Anonymität der Frauen nach andern Grundsätzen zu beurtheilen sein?“

Die Angst vor Angriffen durch Männer versteht Schindel, er will „die Schüchternheit vor den Vorurtheilen, welche unser Geschlecht, oft vielleicht aus Stolz, oft wenigstens zu allgemein, gegen weibliche Schriftstellerei hegt“, nicht tadeln. Auch erkennt er an, dass die Angst der Schriftstellerinnen vor den „Mißdeutungen“ durch den „schwesterlichen Verein“ berechtigt sind. Der „Geschichtsforscher“ aber sucht nach Aufklärung, und wer veröffentlicht, kann es dem Verfasser eines Literaturlexikons nicht untersagen, ihn mit Namen aufzuführen. Immerhin würde der sich andernfalls mit dem „Vorwurf der Unbekanntschaft mit der Literatur seiner Zeit“ konfrontiert sehen.

Es gibt also auch für die anonym oder pseudonym veröffentlichenden Schriftstellerinnen keinen Grund, wegen der Aufdeckung ihres Namens und den biographischen Skizzen im Lexikon beleidigt zu sein, denn „eine literarische Beschäftigung mag doch nie etwas Entehrendes sein“ – zumal die „weibliche Feder“ bekanntlich keinen Gegenstand wählt, „wovor Sittsamkeit und Tugend erröthen würde“.