Jane Austen schreibt am 2. Dezember 1815 aus London an ihre Schwester Cassandra in Chawton, East Hampshire:
Tut mir leid, dass Mutter sich unpässlich fühlte; ich fürchte, dieses herrliche Wetter ist zu gut, um ihr zuträglich zu sein. Ich genieße es rundherum, vom Scheitel bis zur Sohle, von rechts bis links, senkrecht, waagrecht, diagonal, & ich kann nicht umhin, selbstsüchtig zu hoffen, das schöne, ungesunde, jahreszeitlich unpassende, milde, schwüle, feuchtwarme Wetter möge bis Weihnachten anhalten!
Vor einiger Zeit habe ich mich mit Heimatliteratur und Antiheimatliteratur befasst und da konkret mit Hunden. Bei der Gelegenheit ist mir aufgefallen, dass die fiktive und fiktionale Heimat in Österreich immer auf dem Land ist – keine großartige Erkenntnis, aber das gibt einem schon zu denken. Bevor ich mich aber mit der Stadt(anti)heimatliteratur befasse und bei der Gelegenheit dann mit einem anderen Tier (die Ratte würde sich anbieten), zieh ich mir die Stallstiefel an und schau noch einmal nach, wie das so ist, wenn man im Bauernhaus zu Hause ist. Selbstverständlich schau ich zuerst ins neunzehnte Jahrhundert, aber dann auch in die Gegenwart. Der Vortrag, den ich bei einem Workshop in Bozen dazu halten werde, trägt den Titel Der letzte Bauer heißt Jakob.
In diesem Blog wurde schon oft gefragt, was „Biedermeier“ bedeutet. Man kann mit Sicherheit sagen: Die Idylle macht es nicht aus. Die Epoche hat sehr dunkle Seiten, wie sich demnächst (22.-24. Oktober) im Rahmen einer Konferenz am Schubert Research Center zeigen wird; selbst wenn es um Fanny Elßler, begnadete Tänzerin, kluge Salonière und Freundin Betty Paolis, geht.
Manchmal bewege ich mich außerhalb des neunzehnten Jahrhunderts. Und siehe da, auch aus früheren Zeiten kann man Nützliches ziehen. Von David Herlitz (1557-1636) übernehme ich mit Freude die Begründung für meine Text-Abbruchunternehmen: Die gibt es nur, weil die restlichen „Tractat vnd Disputationes alle mir jetzund so nicht einfallen“.
ihren Geliebten, den Burgschauspieler L. G., treffen sollen, anno 1855. Aber daraus ist nichts geworden. Ich glaube, er hat es vorgezogen, im Salzkammergut herumzustiefeln. Und außerdem hat er diese Beziehung sowieso nicht ganz ernst genommen. Er war nämlich schon so halb und halb mit einer anderen verlobt.
Haben Sie gewusst, dass es eine Internationale Vereinigung für Germanistik gibt? Die tagt nächste Woche in Graz. In der Sektion „Die Biographie und ihre Prätexte“ werde ich ein paar Briefe, aus denen man diese Betty-Paoli-Anekdote erfahren kann, präsentieren. Und dazu das, was die wohlmeinende, sittenstrenge und literaturgeschichtlich interessierte Nachwelt daraus gemacht hat.
Die 6. Ausgabe derWiener Digitalen Revue sieht im Phänomen Mode eine wesentliche Figuration der Moderne. Sie spannt den Bogen von Maria Theresia bis in die Gegenwart, von Jane Austen bis Teresa Präauer, von Jugendliteratur bis zum Feuilleton – und ergründet die Erzählungen von der ,Wiener Mode‘.
Aus dem Tagebuch von Marie von Ebner-Eschenbach, 31. März 1880: „Betty las sehr schlecht ein paar Gedichte von Ada Christen, und sehr gut ein paar Gedichte von Heine.“
Ich bringe Paoli am 18. Juni ins Heine-Haus in Hamburg, wo Judith Weisz zweifellose sehr gut Paoli lesen wird.
Heimat ist eine Fiktion und in der Fiktion ist zur Zeit viel Heimat. Das wird sich demnächst bei einem Symposion im Literaturhaus Graz (23.-25. April) zeigen. Und manchen rennt beim heimatlichen Osterspaziergang ein Hund hinterher, wovon ich bei dieser Gelegenheit berichten werde.
Wo Betty Paoli neuerdings überall herumkommt, es ist zum Staunen; am kommenden Donnerstag in den Musikverein. Im alten Musikvereinssaal war Paoli sehr präsent, im neuen Gebäude (eröffnet 1870) meines Wissens nicht. In dem tritt Patricia Aulitzky mit dem Trio Frühstück in einem Programm mit dem Titel „The rise and fall of a wild flower“ auf und wird ein Gedicht von Paoli rezitieren. Sie bringt Paoli nicht nur in Gesellschaft von Clara Schumann, sondern auch von Marlene Streeruwitz und Rebecca Solnit. Gute Idee.
Es gibt da ein Foto aus dem Jahr 1891. In leicht sepiagetöntem Schwarzweiß zeigt es einen überladenen Wiener Salon. Um einen Tisch sitzen drei alte Frauen mit Häubchen und hochgeschlossenen Kleidern beim konzentrierten Kartenspiel. Die Szenerie verströmt eine wunderliche Mischung aus Wohlgesittetheit, Selbstbewusstsein und Spielernst und hat etwas von einer gender-inversen Kartenrunde in einem Offiziersclub. …