Donnerstag, 26. September 2013 von Karin S. Wozonig
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Die Presse und der Minister

Vor einiger Zeit habe ich mich in diesem Blog darüber gefreut, dass Betty Paoli durch das Jubiläum der Zeitung in die „Presse“ zurückgekehrt ist, ein Blatt, für das sie einige ihrer besten Feuilletonbeiträge verfasst hat. In diesem Zusammenhang habe ich auch erwähnt, dass die heutige „Presse“ nicht die gleiche Zeitung wie die ursprüngliche „Presse“ ist, dass Betty Paoli aber auch für die ursprüngliche, im Jahr 1848 gegründete „Presse“ geschrieben hat und mit der reaktionären Ausrichtung der Zeitung ganz einverstanden war.

Das Zitat Paolis, die „Presse“ habe sich selbst „Stadions (das ist Franz Stadion Graf von Warthausen und Thannhausen, 1849 Innen- und Unterrichtsminister) Anerkennung erworben“, möchte ich heute mit einem Zitat des Historikers Joseph Alexander Helfert (1820–1910) in den Kontext der Zeitungsgeschichte stellen:

„Die Presse“ hatte fürs erste die auffallende Wohlfeilheit für sich, da sie für einen Kreuzer pro Bogen großen Formats mehr bot als alle bisherigen größeren Zeitungen für das doppelte. Sie gewann zweitens das gebildete Publikum durch die gewandte Eleganz und den zwar entschiedenen, mitunter scharfen, aber stets anständigen Ton ihrer Vortragsweise. Sie war drittens österreichisch, und dies nicht im wohldienerischen, sondern in freimütig wohlmeinendem Sinne, und machte aus dieser Tendenz kein Hehl. ‚Die Presse‘ verfocht die Sache der Reaktion: ‚sie ist und will schwarzgelb sein‘ … Aber auch Stadion wurde nicht vergessen, der sich für ‚Die Presse‘ vom ersten Augenblicke interessiert hatte und dessen zeitweiser Verkehr mit deren Eigentümer und Herausgeber kein Geheimnis war. Hinter Zang, hieß es, stecke niemand anderer als Stadion, der ‚Zukunftsminister,‘ der sich behutsam vorsorgend schon das Organ für sein einstiges Portefeuille zurechtlege; Stadion habe ‚Die Presse‘ gegründet, Landsteiner (Leopold Landsteiner, Redakteur) sei sein verkaufter Sklave.

Mittwoch, 18. September 2013 von Karin S. Wozonig
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Buchmarketing

Heute möchte ich erzählen, dass Betty Paoli in ihrer Funktion als Kritikerin für die Zeitung „Die Presse“ versucht hat, Büchern zum Erfolg zu verhelfen. Das ist dem Autor Alfred Friedmann, über dessen Literatur Paoli meines Wissens nie geschrieben hat, nicht entgangen. In einem Artikel mit dem Titel „Etwas über das Recensieren“ schreibt er:

Die Dichterin Betty Paoli hat jüngst in der „Presse“ der Dichterin Ebner von Eschenbach zwei Feuilletons gewidmet und gesagt: „dem Genie gehöre solch epische Recension, dem Mittelgut kaum eine kurze Notiz; ein gutes Buch mache sich übrigens ganz von selbst bekannt.“ Gewiß! Getrennt sind die beiden Behauptungen sehr richtig; geeint stoßen sie sich gegenseitig u. wenn ein gutes Werk sich selbst bekannt macht, warum dann zwei Feuilletons darüber? Auch hat nicht jede Freifrau Marie von Eschenbach ihre Betty Paoli, und nicht jedem mittelmäßigen Buch wird eine Notiz.

Mittwoch, 4. September 2013 von Karin S. Wozonig
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Wie man sich einen Wolff liest

In meinem letzten Blogbeitrag habe ich über den anonymen Text „Actenmäßiger Bericht über die erste Versammlung deutscher Schriftstellerinnen, gehalten zu Weimar am 5., 6. und 7. October 1846“ berichtet. Zu meiner Forschung zu dieser Satire hat es auch gehört, den Verfasser festzustellen. Nein, es ist mir nicht gelungen zweifelsfrei zu beweisen, dass O. L. B. Wolff, „Improvisator und fruchtbarer Belletrist“, hinter dem Text steckt, es könnte aber durchaus sein und es mehren sich die Indizien. Im folgenden Zitat aus der Zeitschrift „Literarischer Zodiacus“ von 1835 bringt ein Zeitgenosse seinen Ärger zum Ausdruck:

Das Octoberheft der in Jena erscheinenden „Minerva“ bringt von einem namenlosen Kämpfer einen Aufsatz über die Bewegungsparteien in der neuesten deutschen Literatur, eine Benennung, die er sich von uns angeeignet hat, ohne ihrer Symbole und Schildzeichen rechten Sinn und Inhalt fassen zu können. Ich habe mir an diesem für mich mannigfach fatiganten Aufsatz einen Wolf gelesen, und verlange jetzt Schmerzensgelder für solche strapazirende Langweile. In der That, ich glaube, daß der improvisirte Professor Wolf in Jena der Verfasser dieses Aufsatzes ist, in dem die Bestrebungen und Erfolge mehrerer für unsere Zeit wichtigen Schriftsteller einer ebenso magisterhaften, als persönlich beleidigenden und injuriösen Kritik unterworfen werden. Und da ich Grund habe, es anzunehmen, so will ich mich an diesen Mann halten, denn was geht seine Anonymität mich an, die, sobald sie unter diesem Mantel der Feigheit uns nachtheilig wird, ich befugt bin, durch meine strafenden Demonstrationen zu sprengen! Die von ihm zu einer gemeinsamen Stellung grupirten und darin beurtheilten Schriftsteller sind: Wienbarg, Gutzkow, Kühne, Laube und der Redakteur dieser Blätter, welcher letzere als eine eigenthümliche Abart des sogenannten ‚jungen Deutschlands,‘ mit dem spöttischen Drapeau: ‚das junge Berlin‘ behangen und geziert wird, in welcher Repräsentation der neuwerdenden Zustände unserer Vaterstadt ihn dann sein geliebter Freund Kühne durch die Zeitung für die elegante Welt secundire.