Donnerstag, 12. Februar 2015 von Karin S. Wozonig
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Betty Paoli wurde gefeiert

Wien ist in vielen Teilen sehr hübsch anzusehen – so neunzehntes Jahrhundert. Das Rathaus zum Beispiel, 1883 fertig gestellt, hat einen Stadtsenatssitzungssaal mit vergoldeter Holzdecke und grünen Seidendamasttapeten – man soll ja nicht an der falschen Stelle sparen. In diesem Raum wurde auf Initiative von Julia Danielczyk der zweihundertste Geburtstag von Betty Paoli gefeiert und ich finde, der Rahmen war passend.

Marlen Schachinger baute in ihre anspruchsvolle  „analytisch-literarische Auseinandersetzung“ (Festrede) viel Paoli-O-Ton ein. Es ging um Biografisches und Biografismus, um Beruf und Berufung, und über Tarock habe ich auch etwas gelernt. Am Ende wurde eine Vertonung von Paolis Gedicht „Gute Nacht“ auf der Geige gespielt, ein schöner Abschluss.

Besonders gut gelungen war meines Erachtens die Reflexion über marktdominierte Schreibbedingungen. Diese Reflexion hat Marlen Schachinger in Form der Verflechtung oder des Brückenschlags zwischen dem neunzehnten und dem einundzwanzigsten Jahrhundert präsentiert, mit Blick in die eigene Werkstatt.

Betty Paoli hat sich literarisch ausführlich mit der prekären Lage von Autorinnen und Autoren auseinander gesetzt. Ihr dienten die Biografien von Jules Mercier, einem saint-simonistischen Lieddichter (Selbstmord 1834), und Élisa Mercœur, einer von Chateaubriand protegierten, jung verstorbenen Dichterin, als Vorlage für zwei Almanachbeiträge. Aber auch in ihre Lyrik fließt die Diskrepanz zwischen dem Bedürfnis, hehre Kunst zu schaffen, und der mangelnden Anerkennung (entsprechend auch der mangelnden Entlohnung) als Thema ein.

Diesbezüglich immer noch lesenswert ist Paolis vor 141 Jahren erschienenes Feuilleton „In Sachen der Literatur“, das mit den Sätzen beginnt:

Es gab eine Zeit – und sie liegt nicht sehr ferne hinter uns – in der man dem Himmel, der sich der Vögel in der Luft und der Blumen auf dem Felde getreulich annimmt, auch die Sorge für die Existenz des Dichters und des Schriftstellers überließ. Leider kann man nicht behaupten, daß er dieses Vertrauen immer gerechtfertigt habe.

Was mich dazu bringt, auf eine weitere Veranstaltungsreihe (neben der, in deren Rahmen Paoli gewürdigt wurde: „Autorinnen feiern Autorinnen“), die auf Julia Danielczyks Initiative zurückgeht, hinzuweisen: Literatur im MUSA.