Ich habe mir von Halle zur Winterunterhaltung die Geschichte Roms im Mittelalter von Gregorovius, einem meiner Lieblingsschriftsteller, mitgebracht. Denn in Ihren Willkommensruf an den schönen, weißen Winter stimme ich nicht ein; so lange ich von meinem Leben weiß, ist er mein Todfeind gewesen, habe ich mich bei seinem Nahen leidenschaftlich unter einen milderen Himmel gesehnt und da mir niemals Flügel wachsen wollten, hätte ich mich gern unter die Erde gekrabbelt, um wie ein Murmeltier das unholde Walten zu verschlafen. Da bin ich denn schließlich auf das Hülfsmittel verfallen, mich durch die Phantasie – die schwächste Partie meines Ingeniums – in glücklichere Zeiten und Zonen zu versetzen. Vorig Jahr war Griechenland dran; heuer Rom. Die 8-10 dicken Bände füllen wohl – täglich ein paar Stündchen – die langen, kümmerlichen Monde aus.
Louise von François an C. F. Meyer, Oktober 1881
Wenn man in diesen Tagen in den Wäldern des Semmeringgebietes lustwandelt, erhält man den Eindruck, daß Wien eigentlich nicht zu Hause sein müsse, sondern sich hier oben in herrlicher Alpenluft Rendezvous gegeben habe. Es ist gegenwärtig stark bevölkert, das Semmeringgebiet, und auf Schritt und Tritt begegnet man bekannten Persönlichkeiten. Die Reize unseres österreichischen Rigi sind zur Winterszeit vielleicht noch verführerischer und lockender als im Sommer, und es ist nachgerade Mode geworden, den Semmering im Schneegewande zu besichtigen. Diese Mode ist einmal recht vernünftig und die Menschen, die ihr huldigen, sind klug. Wer an einem schönen Wintertage die Pracht und Schönheit der entzückenden Semmeringlandschaft auf sich hat wirken lassen, der wird sicher ein begeisterter Anhänger des Semmeringkultus. Es ist darum auch kein Wunder, daß geplagte Bureau- und Stadtmenschen die Feiertage dazu benützen, um dem Lärm und Treiben der Großstadt zu entfliehen und sich für kurze Zeit der friedlichen, stillen Natur hinzugeben. …
Notiz aus der Neuen Freien Presse, 25. Dezember 1903.
28. Jänner 1881: Nachmittag bei Ida […] Betty [Paoli] hustete, daß die Leute es auf der Straße hören mußten.
Aus: Marie von Ebner-Eschenbach: Tagebücher. Hrsg. v. Polheim, Karl Konrad/Gabriel, Norbert. Band III 1879-1889. Tübingen 1993.