„Besonders interessant ist, dass es Heldinnen nur mit Attribut oder Ergänzung gibt. Es sind also keine Heldinnen – Punkt. Sondern es sind Heldinnen der Liebe, der Nächstenliebe, der Fürsorge oder christliche Heldin, auch Heldinnen des politischen Widerstands oder Heldinnen des Alltags. Mir fällt keine literarische weibliche heldenhafte Figur ein, die einfach nur Heldin ist. Ich lasse mich gern eines Besseren belehren. Das Heldenhafte in der traditionellen Definition und damit in der Literatur ist männliche Heldenhaftigkeit. Dazu wurden dann Abweichungen und Teilmengen erfunden und in dieser Teilheldenhaftigkeit finden Frauen ihren Platz.
Am deutlichsten kann man die Geschlechtsspezifik von Heldentum meiner Meinung nach daran sehen, dass literarische Heldinnen, wenn sie tatsächlich einfach nur Heldinnen zu sein versuchen – also Heldin Punkt –, das am ehesten noch als Heldenjungfrauen sein können, als Virago, z.B. „Penthesilea“ von Kleist. Die Heldenjungfrau ist allerdings meistens eine Frau, der die biologische Weiblichkeit irgendwie abhanden gekommen ist, ein Mannweib im schlechtesten Fall. […] Selbstständige Frauen, gebildete Frauen, Frauen die Macht haben, strategisch denkende Frauen… kurz gesagt weibliche Figuren, die zum heldenhaften, vorbildlichen Handeln ermächtigt werden, sind in der Literatur traditionell hässlich (im neunzehnten Jahrhundert bedeutet das: groß und dunkelhaarig), unverheiratet oder unglücklich verheiratet und fast immer kinderlos. Oder sie sind (wie) Kinder (Pipi Langstrumpf) oder durch irgend einen Trick geschlechtslos gemacht. […] Auf jeden Fall ist die Folge des weiblichen heldenhaften Handelns nicht nachhaltig, wie z.B. die Gründung einer Stadt, die Rettung der Welt etc.“
Ausschnitt aus meiner Einleitung zum Kaffeehausgespräch am 19. Februar 2009 zum Thema “Heldinnen – starke Frauen in der Literatur”