Verriss: Lassen wir sie selbst sprechen
Wir haben es vorlängst ausgesprochen, daß die Kritik in gewissen Fällen dem Publicum als Warnungstafel zu dienen habe; als eine solche mag denn nun der Leser unsere Anzeige des neuen Romans von Auguste Linden: „Vier Lebenstage“ betrachten. […]
Die Verfasserin versteht es […], unserer Phantasie den Zauber eines nächtlichen Gartenfestes zu vergegenwärtigen. Lassen wir sie selbst sprechen: „Kleine Zelte, mit farbigen Seidengardinen drapirt und mit hellklingenden Glöckchen von Metall behangen, zogen sich unter den Pyramiden hin. Hier sollte die Musik spielen, die heute die frohen Tänze begleiten würden. (Bisher hatten wir geglaubt, daß die Musik den Tanz begleite; nun erfahren wir, daß es sich damit umgekehrt verhält. Und würden! O Auguste Linden!) Gruppen von seltenen Gewächsen standen in reichverzierten Töpfen da und bildeten halbverbergende künstliche Lauben für die plastischen Statuen, über denen sich wieder Bogen von farbigen Lampen wölbten.“
Plastische Statuen! Welche andere Statuen gibt es denn noch? Aber die Verfasserin ist consequent: keine irdische noch himmlische Macht würde sie bewegen, ein Hauptwort ohne die Begleitung eines Beiwortes in die Welt hinauszuschicken, und da sie das passende nicht immer, oder besser gesagt nie zu finden weiß, muß ihr auch das unpassendste dienen. […]
Ein Gerücht […] behauptet, die Verfasserin […] sei eine der höchsten Stände angehörende Dame. Wir betrachten dieses Gerücht als eine der empörendsten Anschuldigungen, die jemals vom Hasse der Demagogen ersonnen wurden, um die Aristokratie in Verruf zu bringen und den Leichtgläubigen vorzuspiegeln, welcher Unthaten man sich von Seiten des Adels versehen kann.“
Betty Paoli: Bücherschau. In: Wiener Lloyd 7. Juli 1853.