Mittwoch, 6. Dezember 2023 von Karin S. Wozonig
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Betty Paolis natürliche Umgebung

Aus heutiger Sicht ist Betty Paolis natürliche Umgebung die Wienbibliothek im Rathaus. Dort werden nächste Woche (13.12., 18.30 Uhr) ihre Texte zu Gehör gebracht. Zwei Journalistinnen, nämlich Bettina Eibel-Steiner und Andrea Reisner, sprechen über die Pionierin ihres Fachs, Gerti Drassl liest, Daniela Strigl moderiert. Der Titel lautet „Die gestiefelte Katze“ und ist von Friedrich Hebbel entlehnt, der in diesem Blog auch schon den einen oder anderen Auftritt hatte.

Montag, 27. November 2023 von Karin S. Wozonig
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Auch Betty Paoli mag nature writing

Es gemahnt mich dies anmuthige Buch an die duftigen, von schwellender Sehnsucht eingegebenen Frühlingslieder, die an der Flamme des Kamins gedichtet werden, während Sturm und Schnee draußen ihr Wesen treiben. … Durch seine amtliche Stellung in einer reizlosen Gegend Norddeutschlands festgehalten, wollte sich der Verfasser von dem schmerzlichen Gefühl des Entbehrens vielleicht dadurch befreien, daß er sich mit den Naturschönheiten, die jener Landstrich ihm nicht zu bieten hatte, geistig beschäftigte. …

Ihm ist jeder Baum eine lebens- und bedeutungsvolle Gestalt, in der eine Psyche schläft. Sehr schön und sehr sinnig weiß er das Charakteristische jeder einzelner dieser Gestalten aufzufassen und nicht minder sorgfältig wie die Hauptfigur des Bildes behandelt er dessen Staffage. So liegt ein seltsam melancholischer Reiz in der Schilderung, die er von dem Föhrenwald entwirft, „in dem selbst die Luft still und schwül steht, die Vegetation unter dem mit Nadeln übersäten Sande erstirbt und nur das Haidekraut sein dürres Netz wie ein Ascetenkleid über das kraftlose Erdreich streckt.“ Sehr bezeichnend nennt der Verfasser ein solches Gehölz einen „Waldkirchhof,“ zwischen dessen kahl aufragenden Säulen das Auge umsonst nach Leben sucht. …

Einen großen Reiz erhält dies vortreffliche, mit Geist und Empfindung geschriebene Buch noch dadurch, daß der Verfasser auch der Legenden und Sagen erwähnt, die der Volksglaube an diese verschiedenen Baum- und Thiergattungen knüpfte. Nicht minder an ihrem Platze sind die namentlich in den Noten zahlreich angeführten Stellen aus Dichtern, die auf die eine oder die andere von ihnen Bezug haben. Der Psalmist wie Shakespeare, Theokrit wie Lenau, die älteste und die neueste Zeit haben dazu beigesteuert und insbesondere das Volkslied eine reiche Ausbeute geliefert.

Mit aller Wärme sei dieses Buch Jedermann empfohlen, namentlich aber Jenen, die in tiefer Liebe zu der Natur sich nach dem entschwundenen Frühling zurück, dem kommenden, leider noch fernen, entgegensehnen; sie werden in diesen Blättern einen Abglanz seines Lichtes, einen Hauch seines Duftes finden und es wird ihnen minder schwer werden, ihr trübes Herz zu überwintern.

Betty Paoli: Bücherschau. Naturstudien von Dr. Hermann Masius. Lloyd, 26. 11. 1852

Donnerstag, 16. November 2023 von Karin S. Wozonig
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Jutta Person über nature writing

Sollte sich die geneigte Leserin, der geneigte Leser dieses Blogs gefragt haben, warum ich nach längerer Abwesenheit einen alten Biophilie-Aufsatz von mir zitiert habe: Es hat einen konkreten Anlass gegeben, denn Jutta Person, die Autorin des von mir sehr geschätzten Naturkunden-Portraits der Esel, hat den Johann-Heinrich-Merck-Preis bekommen und bei ihrer hier nachzulesenden Dankesrede gesagt:

Wenn das Schreiben über Natur so etwas wie ein Archiv der Wahrnehmungsphantasie ist, und wenn dieses Archiv das Bewusstsein schärft für alles, was gerade verloren geht, dann wäre schon viel gewonnen.

Außerdem hat sie Mary Hunter Austin erwähnt, Autorin von The Land of Little Rain, ein Buch, das ich mag. Ich mag auch Kakteen, das verbindet mich mit Adalbert Stifter.

Sonntag, 5. November 2023 von Karin S. Wozonig
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Mensch und Natur

In der Literaturwissenschaft zeigt sich, dass eine „biocultural perspective on literature“ (Nordlund 2002: 317) große Faszination auf professionelle Leser(innen) ausübt. In den letzten Jahren ist eine zunehmende Bereitschaft von Geisteswissenschaftler(innen) zu beobachten, „die Naturwissenschaften als ebenbürtige wissenschaftliche Disziplinen zuzulassen, deren Erkenntnisse man tatsächlich benutzen kann.“ (Mellmann 2009) Ich möchte die Voraussetzung dieser Bereitschaft mit Edward O. Wilson als „Biophilie“ bezeichnen, als „angeborene Freude an der Fülle und Vielfalt des Lebens“ (Wilson 1998: 382). Damit fasse ich die Motivation unterschiedlicher Ansätze zusammen, die den Natur-Kultur-Zusammenhang am Objekt Literatur erforschen. Ich gehe dabei von einem persönlichen und intersubjektiv kommunizierbaren Interesse aus, das Literaturwissenschaftler(innen) bei ihrer Tätigkeit anleitet, und ich gehe davon aus, dass die Berücksichtigung von Natur gleichermaßen Bestandteil einer Theorie des Verstehens wie der Praxis der Interpretation ist

Karin S. Wozonig: Von der Biophilie professioneller Leser(innen) oder: Die Naturwissenschaften in der Literaturwissenschaft und die Bedeutung kulturwissenschaftlicher Chaosforschung. In: Roman Mikúlaš und Karin S. Wozonig (Hg.): Chaosforschung in der Literaturwissenschaft. Wien, Münster: LIT 2009. S. 113-124

Dienstag, 8. August 2023 von Karin S. Wozonig
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Identifikatorisches

Ich sitze noch immer in Wien, arbeite wie ein Lastthier und werde nur von dem Gedanken, daß endlich Alles ein Ende nehmen muß, aufrecht gehalten; so wird auch dieses Buch, mit dem ich mich abquäle, zuletzt doch fertig werden.

Betty Paoli im Sommer 1865.
Freitag, 23. Juni 2023 von Karin S. Wozonig
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Samstag, 3. Juni 2023 von Karin S. Wozonig
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Schreiben über das Schreiben von Betty Paoli

Und zwar schreiben über das journalistische Schreiben Betty Paolis. Die altehrwürdige Wiener Zeitung hat einen betrüblichen Grund, sich mit ihrer Geschichte – einem wichtigen Teil der österreichischen Presse- und Kulturgeschichte – zu befassen und tut das unter anderem, indem sie auf den Platz hinweist, den sie früh den Journalistinnen eingeräumt hat. Ja, Betty Paoli war die erste Journalistin Österreichs und hat auch für die Wiener Zeitung geschrieben.

Die interessante Folge der Serie von Andrea Reisner und Paul Vécsei sei ergänzt um die Information, dass in der Wiener Zeitung nicht nur Paolis interessante Rezensionen über C. F. Meyer erschienen sind, die ersten Besprechungen von Meyers Büchern in Österreich – Paoli war aber nicht immer glücklich über die Aufgabe.

In der Wiener Zeitung ist auch eine Übersetzung Paolis erschienen. Nachdem die Revolution 1848 ihr das Leben schwer gemacht hat, hat sich Paoli nach neuen Einnahmequellen umgesehen und Russisch gelernt. Die russische Literatur sei so reich und sie sei im deutschen Sprachraum zu unbekannt, das müsse man ändern, meint Paoli und setzt sich hin und lernt. Nach drei Monaten berichtet sie: „Meine Fortschritte sind ganz anständig und wären noch größer, wenn ich nicht eine Art Faulthier zum Lehrer hätte.“ Nach einem Jahr übersetzt sie für die Wiener Zeitung Michail Lermontow.

Und noch ein fun fact: Paolis erster Feuilletonbeitrag für die Wiener Zeitung handelt von ihrem Besuch bei Jules Janin in Paris, einem Romanautor und Kritiker, an dem wohl niemand vorbei kam, der selbst für die Zeitung schrieb. Er war eine Edelfeder, einflussreich und umstritten. Paoli mochte seine konservative Art und seinen

rücksichtslosen Freimuth, womit er das Schlechte schlecht, das Gemeine gemein zu nennen wagt, gleichviel unter welcher Firma es den Beifall der gedankenlosen Menge zu gewinnen strebt.

Mittwoch, 31. Mai 2023 von Karin S. Wozonig
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Reden über Paoli

Und zwar über ihr Leben und ihr Netzwerk, abgebildet im umfangreichen Nachlass, der in der Wienbibliothek liegt. Dort findet denn am 22. Juni auch das Gespräch über sie statt, und zwar in der Reihe „Klassikaner!“, in der Schätze der Sammlung im Rathaus präsentiert werden. Es wird auch Paoli-O-Ton zu hören geben, der zum Titel der Veranstaltung passt: Imposant gescheit und hinreißend.

Sonntag, 30. April 2023 von Karin S. Wozonig
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Die überreizte Salonnase in Leipzig

1870 reiste Betty Paoli von Dresden nach Leipzig und hielt in einem Reisefeuilleton für die Neue Freie Presse fest:

Mir war zu Muthe, als wäre ich aus einer von Blüthen umrankten Säulenhalle voll edlen Schmuckes plötzlich in das Gedränge eines Marktplatzes versetzt worden.

Empört schreibt ein Redakteur der Gartenlaube, die ihren Redaktionssitz in Leipzig hat:

Wir haben schon hie und da einen recht verständigen und wohlgeschriebenen Aufsatz von Betty Paoli gelesen. Um so mehr hat uns die anstandswidrige Dreistigkeit überrascht, mit der sie hier ganz in der unmotivirten Manier einer scharfzüngigen Theeschwester über eine deutsche Stadt abspricht, die schon durch die frische und geschmackvolle Lieblichkeit ihrer kranzartigen Stadtpromenade die Augen der Fremden erfreut […]. Wenn Fr. Paoli von Leipzig nichts anderes zu sagen weiß, als daß sie daselbst ihre Geschäfte abgemacht, so läßt sich dagegen nichts einwenden, denn die einfache und gesunde, aber gründlich gebildete Bürgerstadt hat in der That nichts von dem zweifelhaften belletristischen Parfüm, dessen gewisse überreizte Salonnasen zu ihrem persönlichen Wohlsein bedürfen mögen.

Donnerstag, 13. April 2023 von Karin S. Wozonig
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Betty Paoli in der prosaischen Ecke

In der Zeitschrift Schweizer Frauenheim wurden immer wieder Gedichte von Betty Paoli abgedruckt. Die werfen aber gelegentlich Fragen auf, die sich nur im „Sprechsaal“, der Ratgeberecke der Zeitschrift, beantworten lassen, wie Sie hier nachlesen können.