Ich habe in diesem Blog gelegentlich etwas über Biedermeieralmanache geschrieben, diese interessanten Verlagsprodukte, bebildert, mit Musikbeilagen versehen, im dekorativen Samteinband oder – wohlfeil – mit geprägter Vignette, die sich unter den Auspizien der vormärzlichen Zensur und rigider Moralvorstellungen an oberflächlich gebildete, tugendhafte Mädchen und Frauen von bürgerlichem Stand wandten.
Ja, es lässt sich in solchen literarischen Taschenbüchern so mancher Fund machen, es gibt darin manchmal Texte, die nicht ins Klischee passen. Häufiger aber ist das Reimgeklingel.
Bei aller meteorologischen und botanischen Korrektheit: Vom prosodischen Standpunkt aus betrachtet ist die Kombination von Almanach und Frühling echt die Härte. Beispiel gefällig? Franz Fitzinger, 1842:
Falscher Frühling
Schneebedeckt noch war die Flur,
Blätterlos die Bäume,
Noch im Schooße der Natur
Schlummerten die Keime.
Doch im eisig kalten März
Weht es warm ein Weilchen;
Sieh, da hebt sich himmelwärts
Aus der Erd‘ ein Veilchen.
Und beklommen sieht es da
Weite Schneegefilde;
Doch, es weh’n die Lüfte ja
Schmeichelnd, sanft und milde!
Mit dem Hauche neigt‘ es sich
Kosend auf und nieder,
Bis – gar bald – die Wärme wich;
Winter ward es wieder!
Jenes Weiß, kein Blütenschnee,
Lenzhauch ohne Dauer;
Ach! dem Veilchen wird so weh,
Senkt das Haupt in Trauer.
Und so welkt‘ es schnell dahin,
Sterbend, kaum geboren;
„Warmer Hauch mit kaltem Sinn,
Bin durch dich verloren!“
„Unbeständige Natur,
Schnellverglühte Triebe!
Ach, es hat der Frühling nur
Warmen Hauch der Liebe!“