Die Wirklichkeit mit ihren tausend Zufälligkeiten ist gleichsam ein Nebel, der unseren geistigen Blick beschränkt, beirrt und ihn hindert, die Erscheinungen in ihrer Totalität aufzufassen. Die Poesie hat den Beruf, ihn mit ihrem mächtigen Odem zu zerstreuen und aus dem wüsten Chaos eine von ethischen Gesetzen beherrschte Welt zu schaffen.
Aus Betty Paoli: „Božena“. In: Betty Paoli: Gesammelte Aufsätze. Eingeleitet und herausgegebene von Helene Bettel-Gabillon. Wien 1908 (Erstdruck in der Beilage zur Augsburger Allgemeinen Zeitung, 1876)
Auf dem Portal readme.cc ist eine Besprechung des Romans „Schloß und Fabrik“ von Louise Otto-Peters zu lesen. Den 23 Kapiteln dieses Buchs sind Zitate aus Werken zeitgenössischer Autorinnen und Autoren vorangestellt. Vertreten sind unter anderem Anastasius Grün, Ferdinand Freiligrath und Georg Herwegh. Vier Kapitel werden von Zitaten von Betty Paoli eingeleitet:
„Was er mir ist? O, frage Blumenkelche,
Was ihnen wohl der Thau, der sie besprengt?“
„Herz ward vom Herzen blutend losgerissen,
Und jetzt auf meinem Sterbelager muß
Ich Deines Anblicks süßen Trost vermissen.“
„An dem hellsten Sommertag,
Unter Zweigen lichtdurchbrochen,
Bei der Lerchen Jubelschlag
Hab‘ ich Dich zuerst gesprochen.“
„O heilge Stunde, wo in Gottes Strahl
Zwei Menschenherzen ineinander schauen.“
Im Mai wird es wieder ein Kaffeehausgespräch geben, und zwar am Mittwoch dem 20. um 19.30 Uhr im Café Heile Welt, Weidenallee 10 b (Hinterhof), 20357 Hamburg. Das Thema diesmal: „Klassiker und Geheimtipps. Von der Auswahl der Bücher.“ Und die Hauptfrage, die mich beschäftigt, lautet: Was macht ein Buch zu einem gelesenen Buch? Salongäste mit eigener Meinung sind herzlich willkommen.
S.T.I.L. e. V., der Förderverein für Sprachkunst und Literaturvermittlung in Person von Erika Werner, hat sich eine besondere literarische Veranstaltung ausgedacht: „doppelt genäht…“ heißt die Reihe und irgendwie geht es immer um zwei Stimmen. Das nächste Mal lesen die Autorin Almut Tina Schmidt und der Autor Thomas Stangl „jeder aus dem eigenen neuen Roman und aus dem des anderen“. Hingehen, anhören!
Donnerstag, 14. 5. 2009, 20.00 Uhr, Café Heile Welt, Weidenallee 10 b (Hinterhof), 20357 Hamburg
Die Bestsellerautorin Ottilie Wildermuth (1817-1877), eine der Vielschreiberinnen im 19. Jahrhundert, liefert in ihren schwäbischen Geschichten Charakterzeichnungen, die zwischen liebevoller Beobachtung, leiser Ironie und Volkserziehung oszillieren. Sie bildet „nach dem Leben“, was nicht als naiver Realismus missverstanden werden sollte…
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Vor einem Jahr habe ich gemeinsam mit Maria Poets, Autorin und Übersetzerin, die Kaffeehausgespräche begründet. Wir reden ein Mal im Monat über Literatur, das Buch an sich und über alles, was von den Gästen aufs Tapet gebracht wird. Die Anregung zu dieser Veranstaltung kam von der Bibliothekarin Erika Werner, die sich in einem Artikel in der „Welt“ selbst als „Buchstabenfresserin“ bezeichnet. Erika Werner war bei den Bücherhallen Hamburg für Lesungen zuständig und gründete den Verein S.T.I.L. e.V., mit dem sie interessante Veranstaltungen mit Musik organisiert. Heute z.B. wird die Lyrikerin Tzveta Sofronieva aus ihren Werken lesen.
7. Februar 1881: Abends mit Miklosich und Baron Ebner. Gesprächsgegenstand: Wie viele Sprachen man wohl zu erlernen hätte, wenn die Civilisation sich einst über den ganzen Erdball erstrecken sollte. Ferner: über die modernen Schuleinrichtungen.
Niemals etwas, immer über,
Über etwas schreib, mein Lieber,
So kommt Eignes zur Entfaltung
Und das Fremde gibt die Haltung.
Franz Grillparzer, 1863
Nächste Woche gibt es wieder ein Kaffeehausgespräch. Aus einem mir nicht mehr erinnerlichen Grund haben Maria Poets (Übersetzerin und Autorin) und ich uns auf das Thema „Zufall in der Literatur“ geeinigt. Ich würde mich über viele Gäste in unserem literarische Salon freuen.
ORT: Café Heile Welt, Weidenallee 10 b (Hinterhof), 20357 Hamburg
ZEIT: Mittwoch, 15. April 2009, 19:30 Uhr
Vor einiger Zeit empfahl sich mir der Roman „Ich.bin.eine.Mörderin“ von Claudia Cornelsen. Der etwas gesuchte Titel lässt einen Krimi erwarten, der Klappentext behauptet ähnliches, Rezensionen sprechen gar von einem Psycho-Thriller. Kein Wort davon ist wahr. Der Roman spielt in einer psychiatrischen Anstalt, die Handlung wird aus der Perspektive einer Ich-Erzählinstanz präsentiert und ist mit collageartigen Elementen durchsetzt, die auf die Argonautensage anspielen. Der Text lebt von der beklemmenden Schilderung eines gewaltsamen Familienlebens und von Parallelen zur Geschichte der Medea. Claudia Cornelsen kann sich nicht jeden Kalauer und nicht jeden Manierismus verkneifen. Generell aber ist „Ich.bin.eine.Mörderin“ beeidruckend gut gemachte Literatur. Und wer den Schluss des Romans ernst nimmt, bekommt zwei Bücher zum Preis von einem.