Intellektuelle und gigantische Bäume

Ich war in den Muir Woods, einem Naturschutzgebiet nördlich von San Francisco. Geschützt werden dort die Küstenmammutbäume (Sequoia sempervirens, auch California Redwoods genannt), die zu der höchsten Baumart der Erde zählen und dementsprechend beeindruckend sind. Lateinisch benannt wurden diese immergrünen Zypressengewächse von dem österreichischen Botaniker Stephan Ladislaus Endlicher (1804-1849), wahrscheinlich zu Ehren des Gelehrten Sequoyah, der die Cherokee-Schrift entwickelt hat.

Stephan Endlicher war einer jener Intellektuellen, die im Vormärz die Einrichtung einer kaiserlichen Akademie der Wissenschaften forderte. Die Idee dahinter war, durch freien Ideenaustausch in Vorträgen und Veröffentlichungen die strenge Zensur des Metternich-Regimes zu unterwandern. Die österreichische Regierung verhinderte den Plan lange Zeit und der Wien-Besucher William Wilde (Vater von Oscar Wilde) schreibt 1843:

I do firmly believe, that were the barrier that now dams up the stream of learning at its source but once removed, Vienna would pour forth a flood of light that would soon rival every capital in Europe. Surely, with such men as Hammer-Purgstall, the first of living orientalists, and who undoubtedly stands at the head of the Austrian literati; … novelists like Caroline Pichler; poets like Grillparzer, Sedlitz, Lenau (Nimpsch), and Castelli (note: The number of poets in Vienna is very remarkable: independent of those I have enumerated above, we find Count Auersperg, [the Anastasius Grün], Frankl, Feuchtersleben, and Betty Paoli, who have all written with much spirit and effect.); … naturalists, who count among their numbers John Natterer, Endlicher … – there is a sufficiency of talent to render the literary society of the capital both useful, brilliant, and agreeable.

1847 wurde die Akademie gegründet, ihr erster Präsident war Joseph von Hammer-Purgstall. Die Schriftsteller, die sich völlige Meinungsfreiheit gewünscht hatten und die davon ausgegangen waren, dass eine Akademie der Wissenschaften der bürgerlichen Emanzipation dienen würde, wurden aber enttäuscht. Die Statuten nahmen auf die Zensur Rücksicht und Adelige waren tonangebend in den Gremien. Hienoymus Lorm spottete:

Jeder neugeborne Prinz ist sogleich wissenschaftlicher Akademiker.