Mittwoch, 11. Dezember 2024 von Karin S. Wozonig
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Geeignet für den katholischen Weihnachtstisch 1876

Für den Weihnachtstisch
Die Kerzen flimmern auf… Lichterglanz durchzieht das trauliche Gemach und Alt und Jung drängt sich an den grünen Weihnachtsbaum heran, um zu sehen, welche Geschenke ihm vom „lieben Christkind“ bescheert worden sind. […] Und an Geschenken wird auch heuer kein Mangel sein, was auch die Welt im Allgemeinen über die „schlechten Zeiten“ lamentiren mag. Die Weihnachtsindustrie ist im Laufe unserer mageren Jahre erfinderisch genug geworden und sie ermöglicht es heute auch dem Mindestbemittelten, ein Geschenk zu geben, ohne seine Freigebigkeit in ein Mißverhältniß zu seinen geringen Mitteln zu bringen. „Alles um fünf Kreuzer“ … „Alles um zehn Kreuzer“… „Alles um 27 Kreuzer“… So und ähnlich lauten die Aufschriften an den Weihnachtsbuden für das Jahr 1876! Und die Auswahl der gebotenen Weihnachtsartikel ist eine staunenswerth große. Wir sehen da Geschenke, bestimmt für das „reifere Alter“… für das „Knabenalter“… und irgend ein speculativer Kopf kündigt selbst Geschenke für das „Backfischalter“ an! […] Heuer wie in früheren Jahren werden auch Bücherspenden den Weihnachtstisch zieren […]. Bei Adolph Russell iin Münster ist vor Kurzem erschienen: „Ein stürmisches Leben“, von Lady Georgiana Fullerton. (2 Bde.) Die Verfasserin, eine Engländerin, ist durch die Uebersetzungen ihrer Romane in Oesterreich und Deutschland bereits in den weitesten Kreisen als eine gute Erzählerin bekannt. […] Im gleichen Verlage ist vor Kurzem ein hübsch ausgestattetes Bändchen mit „Briefen der Freiin Annette v. Droste-Hülshoff“ erschienen. Die große katholische Dichterin hat bereits so viele Verehrer, daß wohl die Anzeige von dem Erscheinen dieser „Briefe“ genügt, um der rührigen Verlagshandlung zahlreiche Abnehmer zu sichern. Fügen wir noch hinzu, daß diese Briefe von einem liebenswürdigen Humor durchweht sind, der uns die Lectüre derselben überaus angenehm macht. […]

Das Vaterland. Zeitung für die österreichische Monarchie, 13. December 1876

Dienstag, 26. Februar 2019 von Karin S. Wozonig
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Droste-Hülshoff ist auch nicht schlecht

In diesem Blog wird ja ziemlich oft über die größte österreichische Dichterin des neunzehnten Jahrhunderts geschrieben. Da sollte man gelegentlich erwähnen, dass Annette von Droste-Hülshoff auch echt gut war, was Betty Paoli neidlos und in einem langen Gedicht anerkannt hat. Neuerdings gibt es ein umfangreiches Droste-Hülshoff-Handbuch, eine Rezension darüber können Sie hier lesen.

Und noch einmal kluge Frauen im Salon

Die literarische Veranstaltung im Kulturcafé Chavis (Kaffeehausgespräche) vorzubereiten, gehört zu meinen liebsten Hobbys. Nachdem das Gespräch im vorigen Monat recht allgemein wurde – es ging weniger um die Geschichte als um die Gegenwart, was für einige der Salongäste wohl eine willkommene Abwechslung war -, habe ich für das Treffen am kommenden Donnerstag ein sehr konkretes Thema gewählt: Annette von Droste-Hülshoff, Selma Lagerlöf, Patricia Highsmith, Elfriede Jelinek… Die Aufzählung könnte fortgesetzt werden, aber wir wollen (oder eigentlich: ich will) das Treffen im Salon mit diesen vier Schriftstellerinnen beginnen. Von dort kann man dann weitersehen und -reden.

Meine ausführliche Beschäftigung mit der Bedeutung von Dichterinnen-Biografien habe ich in diesem Blog dokumentiert.  Ich weiß, dass man bei der (quellennahen) Beforschung von Schriftstellerinnenleben Gefahr läuft, das literarische Werk zu vernachlässigen, da es oft gegen einen Widerstand entstanden ist, der seinerseits ein interessantes Thema abgibt und außerdem häufig ins Werk eingeflossen ist. (Bei Schriftstellern trifft das wohl gelegentlich auch zu, hat aber meistens nichts mit ihrem biologischen Geschlecht zu tun.) Die Mustererkennung läuft und ich vereinfache: Schriftstellerinnen schreiben trotzdem. Darüber sollte man reden.

Ausschluss der Autorinnen aus demokratischen Prozessen

Vor einiger Zeit habe ich bei einer Konferenz über Autorinnen im Vormärz gesprochen. Jetzt ist daraus ein Beitrag geworden, und zwar in einem sehr hübschen Buch, herausgegeben von Robert Seidel und Bernd Zegowitz. Das Buch trägt den Titel Literatur im Umfeld der Frankfurter Paulskirche 1848.

Über den „Actenmäßiger Bericht über die erste Versammlung deutscher Schriftstellerinnen, gehalten zu Weimar am 5., 6. und 7. October 1846“ zu schreiben, war mir ein großes Vergnügen. Es handelt sich bei dem „Bericht“ um eine Satire, die ein Panorama der Beteiligung von Autorinnen am literarischen Leben bietet. Der anonyme Autor des Berichts kennt sie alle, die Verfasserinnen von Almanachnovellen, von Liebeslyrik und Kochbüchern, die Übersetzerinnen und Reiseschriftstellerinnen seiner Zeit. Er nennt sie mit Namen und lässt sie bei dem Versuch aufeinandertreffen, ihre gemeinsamen Interessen in einer Versammlung zur Sprache zu bringen.

Wir begegnen in der Satire Annette von Droste-Hülshoff, der zu diesem Zeitpunkt noch anonym veröffentlichenden Fanny Lewald, Bettina von Arnim, Louise Otto-Peters, Louise Aston (auch sie tritt anonym auf) und noch so einigen schreibende Frauen (insgesamt ca. achtzig), die im Vormärz den Herren Schriftstellern und Dichtern den Angstschweiß auf die Stirn getrieben haben.

Auch der Verfasser des „Actenmäßigen Berichts“ bedient sich des misogynen Diskurses, aber er hat sich ausführlich mit den Autorinnen beschäftigt, über die er sich lustig macht. Seine Fanny Lewald bringt einen Trinkspruch auf die Bestsellerautorin Ida Hahn-Hahn aus:

Ob auch an ihr nagt neid’scher Männer Wahnzahn
Uns ewig lieb, hoch! Ida Gräfin Hahn-Hahn!

Und Betty Paoli legt er folgenden Redebeitrag in den Mund:

Wer freilich Schriftstellerin werde, um nicht Haushälterin zu werden, oder Nähjungfer, oder Ladenmamsell, dem möge das (Lernen von anderen) ganz nützlich dünken, damit wolle sie (Paoli) den hochachtbaren Damen, die von ihrer Feder leben müßten, keineswegs zu nahe treten; unsere Zeit sei nun einmal so und von der Feder leben immer besser als von der Nähnadel, aber Talent gehöre zu Allem und lernen und eintrichtern lasse sich das einmal nicht.

Im größeren Zusammenhang der Literatur im Umfeld der Paulskirche demonstriert die Satire, dass ihr Ausschluss aus den vormärzlichen demokratischen Prozessen enorme Nachteile für schreibende Frauen hatte.

Dienstag, 13. Oktober 2009 von Karin S. Wozonig
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Das Leid der Myrte

Ob Rudolf von Gottschall recht hat, die dichtenden Frauen in zwei Gruppen, nämlich verheiratete und solche einzuteilen, die nie das Leid und die Freuden der Ehe kennen lernten, möge schon aus dem Grunde dahingestellt bleiben, weil er in geistreicher und witziger Weise zwar den ersteren den Preis zuerkennt, als größte Dichterinnen des XIX. Jahrhunderts aber die Freiin Annette von Droste-Hülshoff und Betty Paoli nennen muss, deren Locken, wie bekannt, nie die Myrte schmückte.

Karl Schrattentahl: Die deutsche Frauenlyrik unserer Tage. Mitgabe für Frauen und Töchter gebildeter Stände. Leipzig: Naumburg [1892]

Donnerstag, 25. Juni 2009 von Karin S. Wozonig
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Ebner-Eschenbach, Paoli und Annette von Droste-Hülshoff

Aus dem Tagebuch von Marie von Ebner-Eschenbach, 6. 5. 1876:

Vormittag in strömendem Regen zu Betty Paoli, Tante Louise u. Dr Pachler. Betty P. hatte sehr anerkennende u. verehrungsvolle Briefe von Anast: Grün, Wüllerstorf u. Levin Schücking erhalten, wegen ihres schönen Aufsatzes über An: v. Droste in der Heimat.