Mittwoch, 23. Juli 2014 von Karin S. Wozonig
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Interkulturalität

Seit einiger Zeit unterrichte ich wieder Deutsch als Fremdsprache. Und ich habe großes Glück. „Mein“ Kurs besteht aus neun Menschen aus fünf Ländern. Und alle neun, Studentinnen und Studenten, sind ausgeprägte Persönlichkeiten und bringen ihre Erfahrungen aus ihren Heimatländern in den Unterricht ein. Ich lerne beim Unterrichten immer viel: Details über die Sprache, Neues über die Literatur. In diesem DaF-Kurs lerne ich auch etwas über die weite Welt und darüber, wie man unterschiedliche kulturelle und soziale Hintergründe produktiv zusammenführt.

Für mich bestätigt sich wieder einmal, was ich im Zuge der Fußball-WM täglich beobachten konnte: Selbstbewusste Menschen sind historisch und interkulturell lernbereit. Und diejenigen, die nach einem erfolgreichen Fußballspiel ihrer Nationalmannschaft laut nationalistische Gesänge grölend durch die Straßen ziehen, überkompensieren einen Mangel an Selbstvertrauen.

Freitag, 27. Juni 2014 von Karin S. Wozonig
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Virtueller Salon

Der Begleitblog zum literarischen Salon „Kaffeehausgespräche“ ist zurück in der virtuellen Welt: www.kaffeehausgespraeche.de

Dienstag, 17. Juni 2014 von Karin S. Wozonig
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Das Leben der Literaturwissenschaft

Mein Lieblingsrezensent Rolf Löchel hat wieder einmal eine Rezension geschrieben, die nach meiner Einschätzung bedeutend interessanter und lesenswerter ist, als das Buch das er bespricht. In dem besprochenen Buch geht es hauptsächlich um den von „den Dekonstruktivisten“ – wer immer das sein mag – verkündeten Tod des Autors, also kein ganz neues Thema und eines, mit dem ich mich aus mehreren Gründen ausführlich beschäftigt habe.

Diese Gründe sind vielfältig. Erstens: Meine literaturwissenschaftliche Sozialisation fand in den 1990er Jahren statt und ich hatte reichlich Gelegenheit, mich zu fragen, wie das mit dem Tod des Autors denn jetzt zu verstehen sei, so ganz rein theoretisch gesprochen. Zweitens: Ich bringe – LeserInnen dieses Blogs dürfte das nicht entgangen sein – einen beträchtlichen Teil meiner Lebenszeit mit toten Autorinnen und einen kleineren mit toten Autoren zu, was durchaus Anlass zum Nachdenken bietet: Die sind tot und ich bin am Leben, was sagt uns das? Und drittens: Im Rahmen eines Forschungsprojekts, das sich mit dem Thema „Literatur und Wissen“ befasst hat, habe ich einen Autor (Thomas Stangl) zu meinem literaturwissenschaftlichen Urteil über einen seiner Romane befragt und er hat freundlicherweise Antworten gegeben. Vorgetragen habe ich meine Fragen bei einer Konferenz, bei der der Autor durch eine Vertreterin gesprochen hat (alle gendertheoretisch informierten DekonstruktivistInnen, und auch die Konstruktivistinnen, müssen bei diesem Szenario vor Neid erblassen). Gedruckt wird diese Befragung in einem Konferenzband, über den ich die LeserInnen dieses Blogs zu gegebener Zeit informieren werde. Kurz gesagt: Das von Rolf Löchel besprochene Buch birgt keine Überraschungen für mich.

Die Rezension hingegen ist absolut zu empfehlen, denn sie bietet einige knackige Antworten auf die Frage „Was heißt und zu welchem Ende studiert man Literaturwissenschaft?“ Und fragen wir uns das nicht alle irgendwann?

Mittwoch, 11. Juni 2014 von Karin S. Wozonig
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Altes Neues

„Die Blätter sind überhaupt voll prächtiger Nachrichten. – Vor Allem die Berichte vom glorreichen Custozza-Tage – Du solltest Dir diese Zeitungen aufheben, Martha.“
Und ich habe sie aufgehoben. Das sollte man immer thun; und wenn ein neuer Völkerzwist heranzieht, dann lese man nicht die neuesten Zeitungen, sondern die, welche von vorigem Kriege datieren, und man wird sehen, was all den Prophezeiungen und Prahlereien und auch den Berichten und Nachrichten für Wahrheitswert beizumessen ist. Das ist lehrreich.

Zitat aus dem Roman: „Die Waffen nieder! Eine Lebensgeschichte“, erschienen 1889, von Bertha von Suttner, geboren am 9. Juni 1843 in Prag, gestorben am 21. Juni 1914 in Wien.

Donnerstag, 8. Mai 2014 von Karin S. Wozonig
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Betty Paoli stellt Fragen

Ist es nicht eine seltsame Erscheinung, daß während ganz Europa in Waffen starrt und der menschliche Scharfsinn sich eifrigst mit der Erfindung neuer Mordmaschinen beschäftigt, die Propheten des ewigen Friedens immer zahlreicher werden? Wenige Monate nach dem Genfer Friedenskongreß ertönte neuerlichst im französischen Senat von Michel Chevaliers Lippen der orakelhafte Ausspruch: „Die Zeit der Kriege ist um.“ Jedenfalls meinte er es ernster als die in Genf versammelten Männer, die sehr wohl wissen, daß nur die furchtbarsten Kämpfe ihnen zur Herrschaft verhelfen können. …

Nun bleibt allerdings hier noch die Frage offen: Ist die Prophezeiung ewigen Friedens etwa nur verfrüht? etwa nur insofern irrig, als sie uns die Zustände, die  einst späte Nachgeschlechter beglücken werden, schon für die nächste Zukunft verheißt? Wenn wir noch tief genug in den Banden roher Leidenschaft und knechtisch dumpfen Sinnes liegen, um die Schlichtung jedes Streites der brutalen Gewalt zu übertragen, so folgt ja daraus noch nicht, daß unsere Epigonen sich nicht zu einer höheren Stufe menschlicher Entwicklung emporringen werden. …

Niemand wird es in den Sinn kommen, den ungeheuren geistigen Fortschritt zu leugnen, dessen Augenzeugen wir sind. Aber man vergesse das Eine nicht: der Einfluß der Civilisation erstreckt sich nicht weiter als auf den Intellekt des Menschen. Sie kann falsche Begriffe rektifiziren, Vorurtheile beseitigen, tausend Fäden anspinnen, an die sich das Wohl von Unzähligen knüpft, aber an dem innersten Kern des Menschen, an jener geheimnißvollen Macht, die immer gleich unerforschlich bleibt, ob man sie Dämon, Instinkt oder Wille nenne, vermag sie nicht das Geringste zu ändern. …

Mit Recht bestaunt man den ungeheuern Wissensschatz, den die Menschheit im Laufe der Jahrtausende zusammentrug; ist aber der Mensch durch ihn anders geworden? Bewegen sein Herz nicht heute noch dieselben Leidenschaften, von denen die urältesten Mythen sprechen? Sind in dem Maße, wie das Wissen sich vermehrte, Eigennutz und Ungerechtigkeit aus der Welt verschwunden? Ist die Gier, sich mit fremdem Gute zu bereichern, sind Ruhm- und Selbstsucht schwächer geworden, seit die Astronomen über den Lauf der Gestirne, die Physiologen über die verborgensten Geheimnisse des Lebens lichtvollen Aufschluß zu geben vermögen? …

Auszug aus Betty Paoli: „Die Friedensmänner“, 1868

Dienstag, 6. Mai 2014 von Karin S. Wozonig
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Städte im Wandel

Das Hamburger „Schanzenviertel“ hat ein Problem mit der Gentrifizierung. Was ich bei meinem letzten Aufenthalt in Wien gelernt habe: Der Wiener Brunnenmarkt auch.

Sonntag, 27. April 2014 von Karin S. Wozonig
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Lesung bei Ida Fleischl

Aus dem Tagebuch von Marie von Ebner-Eschenbach, 27. April 1887:

Abends Vorlesung Auguste Wilbrandts bei Ida. Poe Das verrätherische Herz. Villinger Der Eskimo. Bei Marsala. Klaggesang. Marsala wundervoll übersetzt von Betty.

Donnerstag, 17. April 2014 von Karin S. Wozonig
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All-age-Dystopien

Heute wird wieder einmal der literarische Salon „Kaffeehausgespräche“ stattfinden. Salonherr Detlef hat sich das Thema Kinder- und Jugendliteratur ausgedacht und ich habe gern zugestimmt. Vor kurzem erst habe ich ein Buch von Judith Kerr gelesen („Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“, vom Verlag empfohlenes Lesealter: 14-17 Jahre), das ich noch nicht gekannt habe. Ich gehöre in Bezug auf das Alter definitiv nicht zur Zielgruppe und habe mich mit großem Interesse bei meiner Lektüre beobachtet. Der Abstand zwischen dem impliziten Leser und mir war deutlich zu bemerken und keine Sekunde lang zu vergessen.

Anders ist es mir bei „The Hunger Games“ (dt. „Die Tribute von Panem“, vom Verlag empfohlen ab 12 Jahren) ergangen, einem Paradebeispiel des Marketingcoups „All-age-Literatur“. Für mich liegt die Erklärung für das Funktionieren von Jugendliteratur neuerer Machart in der Dystopie. Und weil die „Kaffeehausgespräche“ nicht einfach nur frei flottierendes Reden sind, sondern auch eine Einleitung haben, in der Anfangs- und Anknüpfungspunkte für die Diskussion geboten werden, werde ich heute im Salon (im Chavis um 19.00) über „The Hunger Games“ sprechen.

Sonntag, 13. April 2014 von Karin S. Wozonig
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Betty Paoli im Porträt

Aus dem Tagebuch von Marie von Ebner-Eschenbach, April 1886: „Mit Ida in das Atelier Frln Müllers um Betty Porträt zu sehen. Stirn Augen und Nase vortrefflich. Die geistige Ähnlichkeit gut getroffen.“

Samstag, 12. April 2014 von Karin S. Wozonig
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Leichte Kost

Manchmal lese ich Krimis, z.B. Klassiker wie Agatha Christie, auch Martha Grimes (interessante Figuren) oder so etwas wie Robert Galbraiths „Cuckoo’s Calling“ (etwas zu lang aber gut gemacht, und ich bin gespannt, wie es mit Cormoran Strike weitergehen wird – für Juni ist die Fortsetzung angekündigt). Zuletzt habe ich mehrere Bücher von Nevada Barr gelesen, deren erfolgreichste Figur, Anna Pigeon, ein park ranger ist: Wenn die Handlung zu dünn oder zu abstrus wird, kann man sich immer noch über die Landschaftsbeschreibungen freuen.

Wegen des Lokalkolorits habe ich gerade „Mordswald“ von M. C. Poets gelesen, ein Buch, dessen öffentliche Existenz sich dem Selfpublishing-Programm von Amazon verdankt. Der (wenn auch nicht ganz überzeugend motivierte) Showdown des Buchs zeigt, dass M. C. Poets bei der Dan-Brown-Lektüre gut aufgepasst hat, und die weibliche Hauptfigur mit ihrem (innerfiktional realen) „Familienroman“ im Freudschen Sinn und dem Kickboxtraining hat auch bekannte unterhaltungsliterarische Vorbilder. Denen wird sie mit ein bisschen mehr psychologischer Profilierung wohl auch bald gerecht werden.

Unterhaltungsliteratur von Unterhaltungsliteratur lesenden Menschen, im Selbstverlag publiziert und über eine Plattform als E-Book zu beziehen – so wirds in Zukunft gehen.