Montag, 30. Dezember 2019 von Karin S. Wozonig
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Noch mehr Nützliches für Kritikerinnen

Schade! daß an die Stelle der schönen Erzählung in Briefen …, womit der vorige Jahrgang die Leser freundlichst begrüßte, heuer eine minder gelungene Novelle … treten mußte, der wir, ungeachtet des ihr anderwärts (Nro. 241 des „Humoristen“) ertheilten überschwenglichen Lobes, gar keinen Geschmack abzugewinnen vermochten. Dagegen stimmen wir den dort ausgesprochenen Bemerkungen über die zweite voluminöse Erzählung von Adalbert Stifter: „Feldblumen“ unbedingt bei, da wir sie ihrer Länge wegen gar nicht gelesen haben.

Mnemosyne. Galizisches Abendblatt für gebildete Leser, 1840
Sonntag, 29. Dezember 2019 von Karin S. Wozonig
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Nützliches für Kritikerinnen

Die buchhändlerische Anpreisung eines neuen Romans schließt mit den Worten: „Wir sind überzeugt, daß Jedermann mit Vergnügen dieß Buch aus der Hand legen wird.“

Mnemosyne. Galizisches Abendblatt für gebildete Leser, 1840
Sonntag, 22. Dezember 2019 von Karin S. Wozonig
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Freundschaft und Politik in bewegten Zeiten

Betty Paoli und Adalbert Stifter 1848

Im März 1848 begann in Wien die sogenannte bürgerliche Revolution. Was anfangs nach einer halbherzigen intellektuell-kulturellen Befreiung einer Elite aussah […], entwickelte sich zum Aufstand der Massen und lief aus Sicht der gebildeten Privilegierten aus dem Ruder. Auch der Maler und Schriftsteller Adalbert Stifter befand sich im Jahr 1848 in Wien und war dort politisch tätig. […] Am 6. Mai flüchtete er aber vor den Unruhen […] nach Linz […]. Im Mai des Revolutionsjahres schrieb Stifter an seine Wiener Kollegin und Freundin Betty Paoli, sie solle zu ihm nach Linz kommen…

Und was dann passiert ist, können Sie hier nachlesen: Journal of Austrian Studies, Vol. 52, No. 3, S. 1-18. (JAS online)

Sonntag, 22. September 2019 von Karin S. Wozonig
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Literarischer Quicktipp

Über das neunzehnte Jahrhundert gibt es ja so viel zu sagen. Lang war es und turbulent und so gut wie alles, was uns heute eine Selbstverständlichkeit ist, ist damals wenn nicht erfunden, so doch perfektioniert worden, das Lottospiel zum Beispiel. Die eine oder andere Sache hat sich, das muss man zugeben, nicht gehalten, zum Beispiel wird die Brieftaube nicht mehr so häufig eingesetzt. Aus der Kombination von beidem, Lotto und Brieftaube, hat sich Johann Carl (Freiherr von) Sothen (1823-1881), ganz nach dem liberalen Jeder-ist-seines-Glückes-Schmied-Prinzip, ein Vermögen, tja, man kann es nicht anders sagen: erschwindelt – so sagte man, so kann man auf jeden Fall sagen, wenn man es in einem Roman sagt. Sothens Leben verlangt förmlich nach einer literarischen Bearbeitung und die ist jetzt zum zweiten Mal (nach Anna-Elisabeth Mayers Buch „Am Himmel“) erfolgt: Bettina Balàka: Die Tauben von Brünn. Kurzweilig, sprachlich interessant, Lokal- und Zeitkolorit in feinen Strichen und Schattierungen, historische Details ohne dick aufgetragene Belehrung, gelungener Epilog, eine Empfehlung.

Donnerstag, 19. September 2019 von Karin S. Wozonig
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Upcycling im Vormärz

Alles redet von Umweltschutz. Weniger Sachen produzieren wäre ein guter Anfang, Mehrfachverwendung schont die Ressourcen. Aber das geht ja nicht, die Qualität stimmt einfach nicht mehr, heutzutage, alles ist nur mehr für den schnellen Konsum gemacht.

Ja, daß ich Ihnen sag‘, das war’n noch Zeiten, vor denen man ein‘ Respekt hat hab’n können! Billig und doch gut und solid, das war die Maxim‘ von die damaligen G’schäftsleut! Hat sich einer ein Tuch beim „Primas“ g’kauft, das war gar nicht zum umbringen. Aus ein‘ Mantel ist nach zwanzig Jahr ein nagelneuer Kaput word’n; aus’n Kaput, wann’s ‘n ein 10  Jahr trag’n haben, hat der Schneider den schönsten Gehrock g’macht. Aus’n Gehrock ist mit der Zeit ein sehr honetter Frack, aus’n Frack einmal ein Leibl, aus’n Leibl ein‘ Weste und zu guter Letzt aus der Weste ein saubers Paar Winterschuh‘ für d‘ Frau außerg’schnitt’n word’n und das Restl war noch wie ein Brett. Schau’ns den Povel von heut an. Kaufen’s Ihnen so ein Jaquettl oder so ein Paletoterl, oder wie das moderne Gfraßt heißt, so müssen’s Ihnen schön tummeln, daß’s es ganzer z’Haus bringen, wann der Wind nicht doch vielleicht am Weg d’Woll‘ wegblast….

So spricht der „Original-Wiener“ in Friedrich Schlögls „Wiener Luft!“ von 1875.

Glossar:
„Primas“ = Tuchhandlung „Zum Primas von Ungarn“
Kaput = kurzer Mantel, Soldatenmantel
Povel = schlechte Ware, Ausschuss (verwandt mit dem Wort „Pöbel“)
Jaquettl  = Verkleinerungsform von Jaquette/Jackett, eine kurze Jacke
Paletoterl = Verkleinerungsform von Paletot, Überrock
Gfraßt = hier: schlechtes Zeug, Rest

Dienstag, 10. September 2019 von Karin S. Wozonig
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Denkwürdigkeiten, abgestaubt

Karl Glossy, 1902: Was die einst vielgenannte Karoline Pichler als Schriftstellerin geschaffen, ist in Fleisch und Blut späterer Generationen nicht gedrungen. Als Denkmäler der Großvaterzeit stehen ihre Werke in den Bücherregalen der Bibliotheken, und nur selten wandelt einen die Lust an, einen Augenblick in den verstaubten Bänden zu blättern, die einst zum literarischen Hausschatz von jung und alt gezählt wurden. Einzig und allein die „Denkwürdigkeiten“, Aufzeichnungen über ihr an romantischen Ereignissen keineswegs reiches Leben sowie über die gesellschaftlichen Verhältnisse Wien, sind als kulturgeschichtliche Quelle noch heute geschätzt, trotz der Naivetät und der mitunter geschwätzigen Breite, in der die gute und edle Frau auch minder belangreiche Familienangelegenheiten der Nachwelt überliefert.
Wenn auch die Werke der Pichler nicht mehr gelesen werden, …

Doch, doch, werden sie. Und darüber geredet wird auch, am Donnerstag, 12. September 2019, ab 15:30 Uhr in der Musiksammlung der Wienbibliothek, Loos-Räume, und um 19:00 Uhr im Stadtsenatssitzungssaal im Wiener Rathaus.

 

Mittwoch, 21. August 2019 von Karin S. Wozonig
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Deutscher Buchpreis 2019: Longlist

Die 20 Kandidatinnen und Kandidaten für den Deutschen Buchpreis 2019 stehen fest.

Es ist eine anerkannte Thatsache, gegen welche sich freilich die Eitelkeit der norddeutschen Poeten noch sträubt, daß der Süden Deutschlands, was poetische Productionen betrifft, den Norden bereits längst überflügelt hat. Oesterreich und das gesegnete Schwaben, das sind die beiden Länder, aus welchen in neuester Zeit die bedeutendsten und tiefsten Poeten hervorgegangen sind.

Quelle: „W. M.“: Rezension zu Hermann Rollett: Frühlingsboten aus Oesterreich. Gedichte. In: Der Komet, Dezember 1845

Samstag, 17. August 2019 von Karin S. Wozonig
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Gendergerecht dichten 1834

Denn was verweigerst du mit strengem Worte,
Du Lieblingin der Dichter und der Musen,
Das Lied, das ich aus deinem zarten Busen
Gebannt den Perlen gleich, gleich einem Horte?

Aus: L. A. Frankl, „Schatzgräberei“

Mittwoch, 24. Juli 2019 von Karin S. Wozonig
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Betty Paoli in Literatur und Kritik

Die aktuelle Juli-Ausgabe ist erhältlich, mit Kulturbriefen von Karl Wimmler, Regina Hilber, Franz Reitinger, Carlo Ginzburg und Klemens Renoldner, Rezensionen von Neuerscheinungen österreichischer AutorInnen und Karin S. Wozonig porträtiert die Autorin Betty Paoli (1814-1894).

Literatur und Kritik 535/536

Montag, 20. Mai 2019 von Karin S. Wozonig
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Auch ich in Galizien

Mit sechzehn Jahren musste Betty Glück, später bekannt unter dem Namen Betty Paoli, mit ihrer Mutter von Wien nach Russland übersiedeln, um dort als Gouvernante Geld zu verdienen. Aber die beiden waren nicht glücklich im fremden Land, und so zogen sie nach Österreich zurück (bei Nacht und Nebel weil illegal, so erzählte es Marie von Ebner-Eschenbach) und zwar nach Galizien, konkret in den Teil, der heute zu Polen gehört. Dort lernte Betty Glück einen interessanten Herren namens Carl Lewinski kennen, der später Karriere bei der österreichischen Polizei machen sollte, zu der Zeit aber noch k.k. Landrechtsauscultant in Lemberg war. Dass Lewinski nicht nur ein besonderer Freund sondern auch ein kritischer Heine- und Lenauleser und als solcher eine wichtige literarische Auskunftsperson für Paoli war, habe ich beim wissenschaftlichen Kolloquium der 6. Österreich-Tage in Drohobytsch, der Stadt von Bruno Schulz, erzählt.

Von drei Tagen Konferenz kann ich berichten, aber wie immer, wenn es in meinem Blog um Zusammenkünfte wissenschaftlicher Art geht: Ich widme mich dem Rahmenprogramm. Das hat es wirklich in sich gehabt. Drohobytsch hat nicht nur eine Uni mit einem großen Festsaal, sondern auch ein imposantes Kulturhaus, eine Stadtbibliothek, ein Kunstpalais und eine sehr hübsche Österreich-Bibliothek, deren Leiter Jaroslaw Lopuschanskyj für die Organisation der Österreich-Tage zuständig ist. Und ich übertreibe nicht, wenn ich sage, er ist ein großer Organisator.

Fotoausstellungen, Lesungen, eine literarisch kommentierte Ausstellung zu Georg Trakl, Konzerte, Buchpräsentationen… kaum zu glauben, was man an drei Konferenztagen neben den Vorträgen noch alles unterbringen kann. Und dabei habe ich die Besichtigung der St. Georgskirche, einer Holzkirche aus dem späten 15. Jahrhundert, noch gar nicht erwähnt, und den Spaziergang über das Gelände der stillgelegten Saline.

Salz war wirtschaftlich und ist in der Küche wichtig, Essen und Trinken ist völkerverbindend, daher noch etwas zum kulinarischen Rahmenprogramm, zu dem auch ein besonderes salzburgisches Abendessen von Roland Essl und großzügig gespendeter Wodka gehört hat. In der Ukraine gibt es guten Kaffee (Kolschitzky, der nach einer Legende, die vielleicht nicht wahr ist, das erste Wiener Kaffeehaus gegründet hat, wurde in der Nähe von Lemberg geboren) und: Das Land ist reich an Pilzen.