Mittwoch, 13. Mai 2009 von Karin S. Wozonig
Schlagworte: , ,
Veröffentlicht in 19. Jahrhundert,Literaturwissenschaft | Keine Kommentare

Wer war denn nun Ida Fleischl-Marxow?

Mehrfach wurde in diesem Blog die Freundin und Gönnerin Betty Paolis Ida Fleischl-Marxow (1825-1899) erwähnt. Auch von den Bedenken ihres Sohnes Otto Fleischl, seine Mutter würde bald vergessen sein, habe ich berichtet. Um dem Vergessen etwas entgegen zu setzen hier nun ein Zitat aus einem Nachruf auf Ida Fleischl-Marxow:

Es giebt Menschen, die dem Getriebe der Oeffentlichkeit fernstehend, dennoch aus der Fülle ihrer Wesenheit heraus weite Kreise beeinflussen. Zu diesen seltenen Erscheinungen zählte Frau Ida von Fleischl-Marxow. […] Eine Erscheinung von so reicher Eigenart mußte ungesucht zu einem Krystallisations-Punkte schöner Geselligkeit werden, und das Haus Fleischl hat eine markante Rolle im geistigen Gesellschaftsleben Wiens gespielt. Kein literarischer Salon – denn nichts lag Frau von Fleischl ferner als Coteriewesen – war es der Sammelpunkt eines weiten, eigenthümlich mannigfaltigen Kreises, in welchem sich Vertreter der Litteratur, Wissenschaft und Kunst mit denen der verschiedensten Stände zu jenem behaglich ungezwungenen Verkehr zusammenfanden, wie ihn nur das gleichstellende Wohlwollen der Hausfrau hervorzurufen vermag. Und wer kam, kam ihretwillen. Intensiver Gedankenernst, subtilstes Erfassen, Originalität der Betrachtungsweise verliehen ihrem Gespräch reichen Gehalt, und wie der unwandelbare Sonnenschein ihrer Freundlichkeit, erquickte ihr trockener Humor, ihr oft kindlich heiteres Lachen. […] Was sie als Freundin gewesen, die glühende Dankbarkeit in den Versen Betty Paoli’s, Marie von Ebner-Eschenbach’s tiefe Trauer um „ihre stille Mitarbeiterin“ bezeugen es. Und – um die Intimität ihres schönen Familien-Lebens leise nur zu berühren – was ist sie ihren Söhnen, selbst über die Ferne hinweg, gewesen! Die Seelengröße, mit der sie den nie verschmerzten Tod ihres Erstgebornen getragen, hat ihrem milden Wesen einen heroischen Zug eingefügt. […] Ida Fleischl hat jede Lebensbeziehung in ihrem Innersten erfaßt, durch ihre eigene tiefe Innerlichkeit erhöht. Den Aeußerlichkeiten des Lebens aber ist sie mit souveräner Gleichgiltigkeit gegenübergestanden, jeder Zoll eine Persönlichkeit.

Anonym: „Ida Fleischl“. In: Wiener Zeitung, 9.6.1899. S. 17.

Dienstag, 5. Mai 2009 von Karin S. Wozonig
Schlagworte: ,
Veröffentlicht in 19. Jahrhundert | Keine Kommentare

Mehr Begegnungen mit Ida Fleischl-Marxow

Aus dem Tagebuch von Marie von Ebner-Eschenbach, 4. und 22. Mai 1866, über Ida Fleischl-Marxow:

Sehr angenehm im tête a tête. Anregend. gescheidt.

Jedenfalls ein Gewinn diese Frau zu kennen, u. was ihre kurz angebundene Art u. Weise, die Frau v. Littrow so verurtheilt, betrifft, ist sie wenigstens natürlich u. einfach, nicht gedrechselt nicht solches Erziehungsresultat wie die der vortrefflichen Astronomen.

aus: Marie von Ebner-Eschenbach: Tagebücher 1. Kritische Texte und Deutungen. Hrsg. von Karl Konrad Polheim und Norbert Gabriel. Tübingen 1998.

Donnerstag, 19. März 2009 von Karin S. Wozonig
Schlagworte: , ,
Veröffentlicht in 19. Jahrhundert,Literatur,Literaturwissenschaft | Keine Kommentare

Vortrag über Marie von Ebner-Eschenbach

Ankündigung

Ein Zitat aus dem Tagebuch von Marie von Ebner-Eschenbach habe ich als Titel für einen Vortrag gewählt, den ich im Rahmen der Mühlberger-Tage 2009 in Eislingen halten werde:

Ich will daß mein Blut an jedem Worte hänge das ich schreibe.

Ich freue mich ganz besonders, dass der Vortrag von einer Lesung aus Werken von Marie von Ebner-Eschenbach durch die Autorin Tina Stroheker begleitet wird.

Samstag, 14. März 2009 von Karin S. Wozonig
Schlagworte: , ,
Veröffentlicht in 19. Jahrhundert,Literaturwissenschaft | Keine Kommentare

Wer war Ida Fleischl-Marxow?

Am 4. Juni 1911 notierte Marie von Ebner-Eschenbach in ihr Tagebuch: „Heute vor 12 Jahren ist Ida gestorben. Brief vom getreuen Otto ‚In 30 Jahren weiss niemand mehr was für eine Frau Mama gewesen ist.‘“

Ida Fleischl-Marxow war maßgeblich am literarischen Erfolg Ebner-Eschenbachs beteiligt. Sie war die erste Leserin der Entwürfe der Schriftstellerin, sie nahm Einfluss auf Handlung und Gestaltung der Erzählungen und korrigierte die Druckbögen.

Zudem war Ida Fleischl-Marxow die Lebensfreundin Betty Paolis. Vierzig Jahre lang lebte die Dichterin im Hause Fleischl und konnte durch diese Unterstützung als freie Schriftstellerin arbeiten.

Ida Fleischls Sohn Otto, Arzt und Pianist (1849-1935), lebte seit 1873 in Rom. Gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Schweizerin Nina Schwarzenbach, empfing er in seinem offenen Haus Musiker, Maler und Intellektuelle. Zu den Gästen zählten Liszt, Wagner, Brahms, Nietzsche und Böcklin.

Samstag, 28. Februar 2009 von Karin S. Wozonig
Schlagworte: ,
Veröffentlicht in 19. Jahrhundert,Literatur,Literaturwissenschaft | Keine Kommentare

Probleme mit dem Erstlingswerk

Im Jahr 1858 erschien anonym ein schmales Buch mit dem Titel „Aus Franzensbad“, in dem eine adelige junge Frau mit feinem Spott ihre Beobachtungen über das Treiben im Kurbad festhält. Ziel der Kritik in dieser Briefsatire sind die oberflächlichen, langweiligen und gelangweilten Standesgenossinnen der Briefeschreiberin, bürgerliche Emporkömmlinge und geltungssüchtige Journalisten. Die Autorin des Buchs ist Marie von Ebner-Eschenbach.

1867, in der Zeit, in der Ebner-Eschenbach versucht als Dramenautorin Fuß zu fassen, holt ihre literarische Vergangenheit sie ein. Die Fürstin Auersperg, Ehefrau des Oberstkämmerers Fürst Auersperg, der für das Burgtheater zuständig ist, kann der Baronin ihren Erstling nicht verzeihen.

Als Marie von Ebner-Eschenbach Jahrzehnte später mit ihren Erzählungen und Aphorismen zur Bestsellerautorin geworden war, witterte ein Verlag ein gutes Geschäft in der Neuauflage des Buchs, diesmal selbstverständlich mit Nennung des Namens der Verfasserin. Marie von Ebner-Eschenbach versuchte sich dagegen zu wehren. Aus dem Tagebuch Marie von Ebner-Eschenbachs von 1913:

12. Februar: Eckelhafte Geschichte mit dem Nachdruck v. Aus Franzensbad.
17. Februar: Dr. Georg Paetel schreibt: Ich hoffe dass der Buchhandel ihren Willen respektieren wird (in der Angelegenheit v. aus Franzensbad.)
26. Februar: Frl. Bucher vorm. Wir schrieben an H. Paetel dass die Neuauflage v. aus Franzensbad jedenfalls unterbleiben solle. Es heisst also H. Fiedler eine Spekulation abkaufen.
3. März: Bf. v. H. Paetel. Mitteilung seines Rechtsfreundes. Summa Summarum. Ich bin rechtlos. Das gute hülfreiche Frl. Bucher kam zum Glück, wir schrieben an H. Paetel. Breuer u. Frl. Luggin, die abds. ein gutes Stück des Machwerks aus Franzensbad vorlas, sind dafür, das Zeug einfach erscheinen zu lassen u. keine Notiz davon zu nehmen.

Das Buch wird gegen den Willen der Autorin gedruckt.

Montag, 23. Februar 2009 von Karin S. Wozonig
Schlagworte: , , ,
Veröffentlicht in 19. Jahrhundert,Literaturwissenschaft | Keine Kommentare

Betty Paoli schreibt im Februar

Aus dem Tagebuch Marie von Ebner-Eschenbachs: 25. Februar 1885: „Abends bei Ida [Fleischl-Marxow] – zerfasert, der ganze Abend. Das beste war ein Aufsatz Betty’s den sie selbst vorlas über die Wandlungen der Frauenfrage.“

Mittwoch, 14. Januar 2009 von Karin S. Wozonig
Schlagworte: , ,
Veröffentlicht in 19. Jahrhundert,Literaturwissenschaft | Keine Kommentare

Jänner 1881

28. Jänner 1881: Nachmittag bei Ida […] Betty [Paoli] hustete, daß die Leute es auf der Straße hören mußten.

Aus: Marie von Ebner-Eschenbach: Tagebücher. Hrsg. v. Polheim, Karl Konrad/Gabriel, Norbert. Band III 1879-1889. Tübingen 1993.

Montag, 12. Januar 2009 von Karin S. Wozonig
Schlagworte: , ,
Veröffentlicht in 19. Jahrhundert,Literaturwissenschaft | Keine Kommentare

Paolis Schreib- und Lebenssituation

Im Jahr 1855 ließ der gute Stern der Dichterin sie finden, was wol die Erfüllung des Traumes eines jeden Schaffenden ist: alle Annehmlichkeiten, alles Behagen des Familienlebens ohne eine seiner Verpflichtungen. Durch fast vierzig Jahre hat sie im Frieden des Hauses v. Fleischl-Marxow, unter hochbegabten, edlen Menschen gelebt: frei und geschützt.

aus: Feuilleton. Betty Paoli. In: Neue Freie Presse 22. Juli 1894. S. 1-4. [gez. Marie v. Ebner-Eschenbach, St. Gilgen, den 14. Juli 1894]

Freitag, 12. Dezember 2008 von Karin S. Wozonig
Schlagworte: , , ,
Veröffentlicht in 19. Jahrhundert,Literatur | Keine Kommentare

Aus dem Tagebuch von Marie von Ebner-Eschenbach

7. Dezember 1865: „Kleine Soirée bei Fanny Elssler. Betty Paoli, Mathilde Wildauer, allerlei Herren u. Damen. Anfangs war die ganze Gesellschaft steif und schweigsam. Fräulein Wildauer brach das Eis, es wurde mir gleich heimlich, weil sie mit so angenehmer Ungeniertheit allerlei albernes Zeug sprach. Dafür aber Betty Paoli! Eine Minerva, eine Olympierin. Imposant u. hinreißend wenn sie sich herablässt liebenswürdig zu sein.“ (Marie von Ebner-Eschenbach: Tagebücher. Hrsg. v. Polheim, Karl Konrad/Gabriel, Norbert. Band I 1862-1869. Tübingen 1989.)