Montag, 30. August 2010 von Karin S. Wozonig
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Die lyrische Frauenfrage

Am 30. August 1837 erschien im „Humorist“ ein Gedicht Betty Paolis, in dem sich das lyrische Ich Gedanken über die Frauenfrage auf poetischem Gebiet macht. Das Gedicht heißt „Die Dichterin“ und beginnt mit den Versen

Viel Muth braucht man in unsern Tagen,
(Ja Muth! nicht nur Beruf allein),
Sich an die Lira noch zu wagen,
Hat man das Unglück Weib zu sein.
Als Geißel in des Lebens Kreisen
Bezeichnet man die Dichterin,
Allein, wie dieses zu erweisen,
Will mir doch nimmer in den Sinn.

In diesem Zusammenhang sei auf Grillparzers Stammbuchspruch für die Autorin Josephine von Remekházy verwiesen.

Dienstag, 3. August 2010 von Karin S. Wozonig
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Ein ungehaltener Brief von Marie v. Ebner-Eschenbach

Schon vorige Woche habe ich an dieser Stelle der anekdotischen Neugier das Wort geredet und aus einem Brief Marie von Ebner-Eschenbachs zitiert. Ich setze heute fort mit einem Auszug aus einem Brief der Schriftstellerin an Emerich du Mont, Verfasser des Werks Das Weib. Philosophische Briefe über dessen Wesen und Verhältniß zum Manne (Leipzig 1879). An ihn schreibt Marie von Ebner-Eschenbach zum Thema schreibende Frauen am 20. Dezember 1879:

Keinem Franzosen wird es einfallen, die Sévigné, die Stael, die Du Deffand, die Sand nicht zu seinen Klassikern zu zählen. Die Franzosen sind stolz darauf, daß die Reihe ihrer großen auf die Nation wirkenden Schriftstellerinnen von Marie de France bis auf Louise Ackermann nicht eine Lücke aufzuweisen hat. Ein Engländer würde sich gewiß wundern, wenn er uns leugnen hörte, daß der größte jetzt lebende Romanschriftsteller George Eliot ist oder daß Felicia Hemans, Lätitia Landon, Howitt, Norton, Wortley etc. in der Weltliteratur einen ehrenvollen Platz behaupten. Bei uns steht es anders. Bei uns hat eine neu erfundene Naturgeschichte die Entdeckung gemacht, daß die Frau an und für sich nichts ist, daß sie nur etwas werden kann durch den Mann, dem sie in Liebe angehört, dem sie sich in Demut unterwirft, in dessen Leben das ihre aufgeht.

Montag, 26. Juli 2010 von Karin S. Wozonig
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Die soziale Wunde Frauenfrage

Das ist der vierte und letzte Teil meiner Montag-Blog-Serie zu einem Feuilleton Betty Paolis, in dem die Schriftstellerin auf die Schlacht von Königgrätz (1866) reagierte. In dem Text, nachzulesen in Betty Paoli. Was hat der Geist denn wohl gemein mit dem Geschlecht? Wien: Mandelbaum 2001 (herausgegeben von Eva Geber), plädiert Paoli dafür, bürgerlichen Frauen den bislang verwehrten Zugang zum Arbeitsmarkt zu öffnen – aus Gerechtigkeitssinn und aus ökonomischen Gründen.

Selbst in besseren Zeiten hat diese soziale Wunde tief und schmerzlich aufgeklafft; wie aber erst jetzt, nach solchen Unglückstagen, wie wir sie erleben mussten! Zu den Alleinstehenden, vom Glück der Häuslichkeit Ausgeschlossenen, für die ich schon früher die Stimme erhob, haben sich seitdem die Witwen und Waisen derer gesellt, die auf den Schlachtfeldern für Österreich verbluteten; die zwar minder Unglücklichen, doch nicht minder Bedrängten, denen fortan die Sorge für einen verstümmelten, zu jedem Erwerb unfähigen Vater, Gatten oder Bruder zufällt. Nicht Almosen sind es, die sie von euch verlangen, nein! Nur die Förderung, welche die Beseitigung einengender Schranken von selbst mit sich bringt. Nehmt dem Leid, das immer noch zurückbleiben wird, den eklen Beigeschmack der Sorge um das tägliche Brot, bringt der Menschlichkeit das wahrlich geringe Opfer eines verrotteten Wahns und seid freisinnig, um gerecht sein zu können! Lasst mich euch nicht vergeblich an Pombals Wort erinnert haben: „Wir wollen die Toten begraben und für die Lebenden sorgen!“

Montag, 19. Juli 2010 von Karin S. Wozonig
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Königinnen, Erzieherinnen

Die Schrifstellerin Betty Paoli war eine der konservativen Theoretikerinnen der sogenannten Frauenfrage, i.e. der Frage nach der sozialen Position von Frauen, besonders nach dem Zugang zur Erwerbstätigkeit. Ein Feuilleton mit dem Titel „Ein Wort Pombals“, eine Reaktion auf die Schlacht von Königgrätz (1866), nützte Paoli für ein Plädoyer. Die Bereiche, in denen Frauen außerhalb des Hauses tätig werden konnten, sollten ihrer Meinung nach ausgeweitet werden. Hier nun der dritte Teil der Montag-Blog-Serie zu diesem Text.

Nach einer Ausführung über Maria Theresia, Isabella von Galizien, Elisabeth von England und Katharina von Russland fährt Paoli fort:

Es tut übrigens nicht Not, den Blick zu diesen Höhen des Daseins zu erheben, um den Widerspruch gewahr zu werden, in dem unsere sozialen Einrichtungen den Frauen gegenüber mit sich selbst stehen. Einerseits erklärt man sie für unfähig, die Geschäfte zu versehen, welche man dem allergewöhnlichsten, allerunbedeutendsten Manne unbedenklich anvertraut, andererseits überlässt man ihnen das Wichtigste und Folgenreichste: die Erziehung des heranwachsenden Geschlechtes. Wenn dies nicht der sträflichste Leichtsinn, ist es die schreiendste Ungerechtigkeit. Stehen die Frauen wirklich so niedrig, wie ihr, nach den Beschränkungen zu schließen, die ihr ihnen auferlegt, zu glauben scheint, dann ist es eure Pflicht, ihnen jeglichen Wirkungskreis zu entziehen. Dann mögt ihr alle eure Sorgen allein tragen und eure Kinder in öffentlichen Staatsanstalten erziehen lassen. Ob ihr euch dabei besser befinden werdet? Ich glaube es nicht, doch mindestens werdet ihr konsequent handeln. Gesteht ihr aber den Frauen den Wert, die Ausdauer, die Hingebung und Intelligenz zu, deren es bedarf, um den Pflichten, die sie als Wahrerinnen des häuslichen Wohlstandes, als Erzieherinnen ihrer Kinder erfüllen sollen, zu genügen, dann verwehrt ihnen nicht länger die Möglichkeit, diese Eigenschaften auch in einer anderen Sphäre zu betätigen. Warum sie dies anstreben? Weil „die ungestüme Drängerin, die Not“ sie dazu zwingt! Weil viele von ihnen sich auf niemanden und auf nichts als nur die eigene Arbeitskraft zu stützen haben! Weil sie, durch ein grausames Vorurteil von den meisten Erwerbsgebieten ausgeschlossen, dem Elend oder dem Laster anheim fallen müssen!

Montag, 12. Juli 2010 von Karin S. Wozonig
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Königgrätz, Wohltätigkeit, Frauenfrage

Zweiter Teil
Auf die Schlacht von Königgrätz (3. Juli 1866) reagierte die Schriftstellerin Betty Paoli mit einem Feuilleton, in dem sie dazu aufruft, Frauen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Hier ein weiterer gekürzter Ausschnitt aus dem Text:

Befände sich der Staat auch nicht in seiner gegenwärtigen Bedrängnis, so könnte er den, ob noch so gerechten, Ansprüchen dieser hilflosen Schar doch immer nur in unvollständiger Weise genügen. Wie die Sachen jetzt stehen, kann er für sie nicht mehr tun, als wozu Gesetz und Norm ihn verpflichten. Er ist nicht in der Lage, großmütig sein zu dürfen. Ebenso eitel wäre ein Aufruf an die Privatwohltätigkeit, wie herrlich sich diese auch neuerdings bewährt hat. Zudem dürfte es unter den Hilfsbedürftigen viele geben, deren durch Erziehung und Bildung gestärktes Selbstgefühl sich gegen eine Unterstützung, wie man sie Bettlern reicht, empören und sie bestimmen würde, lieber zu darben, als Almosen zu empfangen. Für diese – die Unglücklicheren, weil sie die Edleren sind – muss Sorge getragen werden. Die sicherste, ehrenvollste und vorteilhafteste Weise, in der dies geschehen kann, besteht darin, dass man ihnen Erwerbsquellen erschließe, die in anderen Ländern schon längst den Frauen zugänglich sind. Hier ist das Gebiet, auf welchem der Staat und Private sich zu gemeinschaftlichem Wirken vereinigen könnten; jener, indem er nach dem Beispiel Frankreichs, der Schweiz usw. seine Post-, Stempel- und Telegraphen-Bureaus zum Teil von Frauen verwalten ließe; diese, indem sie sich endlich von dem albernen Vorurteil lossagten, der beschränkteste Mann sei zu einer Anstellung in einem Geschäft, einem Comptoir, einer Schule besser befähigt als die intelligenteste Frau.

Montag, 5. Juli 2010 von Karin S. Wozonig
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Betty Paoli und die „Frauenfrage“

Erster Teil

In der Schlacht bei Königgrätz trafen am 3. Juli 1866 die Truppen Preußens auf die Armeen Österreichs und Sachsens. Durch den Sieg in dieser Schlacht mit tausenden Toten wurde Preußen Führungsmacht in Deutschland, was für das Österreichische Kaiserreich weitreichende Folgen hatten. Kaiser Franz Joseph war nach der verheerenden Niederlage zur Kapitulation und zur Abtretung Venetiens an Napoleon III. gezwungen. Österreich schied aus dem Deutschen Bund aus und Preußen annektierte Schleswig-Holstein, Hannover, Kurhessen, Nassau und Frankfurt und schuf den Norddeutschen Bund. „Unter dem frischen Eindrucke tiefster  Erschütterungen“ reagierte die Schriftstellerin Betty Paoli auf das Ereignis mit dem Feuilleton „Ein Wort Pombal’s“. Hier ein Auszug:

Ich denke, es ist für uns alle an der Zeit, uns das Wort zurückzurufen, mit dem Pombal die portugiesische Königsstadt vom Untergang rettete. Der Boden, auf dem wir so sicher zu wandeln glaubten, begann zu wanken, Flammen schlugen daraus empor, die Gebäude, die unser Hoffen darauf gegründet hatte, sind eingestürzt und haben im Einsturz Tausende und Abertausende erschlagen. – Nie war eine Trauer berechtigter! Wenn sie nicht zur Verzweiflung werden soll, muss sie in tatkräftiger Liebe den Aufschwung und die Versöhnung finden. Das ist der Sinn des Wortes: „Wir wollen die Toten begraben und für die Lebenden sorgen!“ Aber diese Teilnahme soll sich nicht bloß auf die unmittelbaren Opfer des Krieges beschränken, sie muss sich auch auf jene erstrecken, denen er ihre Stütze geraubt, deren fernere Existenz er gefährdet hat. Auch für diese muss gesorgt werden! Vor allem für die Witwen und Waisen der Gefallenen und für die noch größere Zahl derjenigen, die für den verstümmelten Vater, Gatten oder Bruder, der bisher ihr Ernährer war, nun ihrerseits sorgen müssen. [Fortsetzung folgt]

Sonntag, 30. Mai 2010 von Karin S. Wozonig
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Leseempfehlung: eine Rezension

Auf literaturkritik.de schreibt Rolf Löchel über das Buch „Frauenbewegung und Feminismus. Eine Geschichte seit 1789“ (Verlag C. H. Beck, München 2009) von Ute Gerhard und informiert seine Leserinnen und Leser dabei nicht nur über das besprochene Buch, sondern auch konzis über Probleme (und Aporien) des Feminismus. Das können Sie hier nachlesen.

Montag, 4. Januar 2010 von Karin S. Wozonig
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Frauen in New Hampshire

New Hampshire hatte schon viele interessante Bewohnerinnen, wie man in dem Buch „Remarkable New Hampshire Women (More Than Petticoats)“ von Gail Underwood Parker nachlesen kann. So zum Beispiel die Herausgeberin des Ladies‘ Magazine Sarah Josepha Hale, die Autorin Harriet E. Wilson, die Anwältin Marilla M. Ricker und die Künstlerin Lotte Jacobi. In den letzten Wochen hatte ich Gelegenheit, Natur, Kultur und Atmosphäre von New Hampshire zu erleben (Madison wurde 1852 gegründet). Ermöglicht wurde mir das durch die liebenswürdige Gastfreundschaft von Fay und Susan – danke!

Dienstag, 13. Oktober 2009 von Karin S. Wozonig
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Das Leid der Myrte

Ob Rudolf von Gottschall recht hat, die dichtenden Frauen in zwei Gruppen, nämlich verheiratete und solche einzuteilen, die nie das Leid und die Freuden der Ehe kennen lernten, möge schon aus dem Grunde dahingestellt bleiben, weil er in geistreicher und witziger Weise zwar den ersteren den Preis zuerkennt, als größte Dichterinnen des XIX. Jahrhunderts aber die Freiin Annette von Droste-Hülshoff und Betty Paoli nennen muss, deren Locken, wie bekannt, nie die Myrte schmückte.

Karl Schrattentahl: Die deutsche Frauenlyrik unserer Tage. Mitgabe für Frauen und Töchter gebildeter Stände. Leipzig: Naumburg [1892]

Montag, 28. September 2009 von Karin S. Wozonig
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Der anonyme Anblick einer Emanzipierten

… nicht von Louise Aston, der Freischärlerin, will ich Ihnen erzählen, sondern von dem demokratischen Frauenklubb, Leipzigerstraße, der vergangenen Donnerstag, am 28. September, daselbst stattgefunden hat. […] Ehe ich weiter gehe, muß ich Ihre Neugierde befriedigen und Ihnen den Anblick einer eigentlichen Emancipirten getreulich portraitiren.

Die Emancipirte ist 25 – 40 Jahre alt. Was darüber hinausgeht, ist vom Uebel. Sie hat schwarzes, oft mit silbernen Fäden geziertes Haar, keine oder unglückliche Kinder. Sie glaubt nicht an Gott, reitet am Sonntage auf gemietheten Pferden aus, macht Volksrednern den Hof und raucht schlechte Cigarren. Wie sie ihre Existenz sichert, ist ein komplettes Räthsel.

X. X.: Zur preußischen Chronik. Feuilleton. In:  Die Presse, 10. Oktober 1848