Andenken
Betti Paoli
Ob heut als „überlebt“ zu gelten,
Ein gar so schlimmes Los ist?
Man liebt es, Jeden so zu schelten
Der überlebensgroß ist.
Wiener Sonn- und Montags-Zeitung 9. Juli 1894, S. 1
Betti Paoli
Ob heut als „überlebt“ zu gelten,
Ein gar so schlimmes Los ist?
Man liebt es, Jeden so zu schelten
Der überlebensgroß ist.
Wiener Sonn- und Montags-Zeitung 9. Juli 1894, S. 1
… das schöne Steiermark that sich vor uns auf. Ich möchte dies Land den Smaragd in Oesterreichs Krone nennen, so licht, so frisch und grün breitet sich’s vor dem Blicke aus … Der Charakter des Landes ist von einer unbeschreiblich heitern Lieblichkeit, an der man sich erfreut, ohne weiter nach Seen, Alpenfirnen und Wasserfällen zu fragen.
Betty Paoli: „Reise-Memoiretten“, Lloyd, 6. 11. 1852
Otto Ludwig schreibt am 5. 1. 1864 an Josef Lewinsky, Burgschauspieler und Freund von Betty Paoli :
Daß Fräulein Betty Paoli einige Zeit hier zubringen will, würde mich weit mehr freuen, wenn ich mich im Stande fühlte, die Anregung, die sie bringen muß, wohin sie ihren Fuß setzt, recht zu verwerten; ich für meinen Teil, fürchte ich, werde ihr nur Langeweile machen können.
Aus dem Tagebuch von Marie von Ebner-Eschenbach, 6. 5. 1876:
Vormittag in strömendem Regen zu Betty Paoli, Tante Louise u. Dr Pachler. Betty P. hatte sehr anerkennende u. verehrungsvolle Briefe von Anast: Grün, Wüllerstorf u. Levin Schücking erhalten, wegen ihres schönen Aufsatzes über An: v. Droste in der Heimat.
Aus dem Tagebuch von Marie von Ebner-Eschenbach, 16. 5. 1875:
Nachm. kam Ida u. Betty Paoli, wir plauderten bis Moriz sich einfand, der eine Partie Tarok proponirte, u. es wurde bis 8 Uhr gespielt. B. P. hatte ein ganz horrendes Unglück „Das geht über meine Verhältnisse!“ Moriz behauptete, ich hätte verstohlen ihre Marken aus unseren Büchsen in die ihre zurück escamotirt.
Die Wirklichkeit mit ihren tausend Zufälligkeiten ist gleichsam ein Nebel, der unseren geistigen Blick beschränkt, beirrt und ihn hindert, die Erscheinungen in ihrer Totalität aufzufassen. Die Poesie hat den Beruf, ihn mit ihrem mächtigen Odem zu zerstreuen und aus dem wüsten Chaos eine von ethischen Gesetzen beherrschte Welt zu schaffen.
Aus Betty Paoli: „Božena“. In: Betty Paoli: Gesammelte Aufsätze. Eingeleitet und herausgegebene von Helene Bettel-Gabillon. Wien 1908 (Erstdruck in der Beilage zur Augsburger Allgemeinen Zeitung, 1876)
Auf dem Portal readme.cc ist eine Besprechung des Romans „Schloß und Fabrik“ von Louise Otto-Peters zu lesen. Den 23 Kapiteln dieses Buchs sind Zitate aus Werken zeitgenössischer Autorinnen und Autoren vorangestellt. Vertreten sind unter anderem Anastasius Grün, Ferdinand Freiligrath und Georg Herwegh. Vier Kapitel werden von Zitaten von Betty Paoli eingeleitet:
„Was er mir ist? O, frage Blumenkelche,
Was ihnen wohl der Thau, der sie besprengt?“
„Herz ward vom Herzen blutend losgerissen,
Und jetzt auf meinem Sterbelager muß
Ich Deines Anblicks süßen Trost vermissen.“
„An dem hellsten Sommertag,
Unter Zweigen lichtdurchbrochen,
Bei der Lerchen Jubelschlag
Hab‘ ich Dich zuerst gesprochen.“
„O heilge Stunde, wo in Gottes Strahl
Zwei Menschenherzen ineinander schauen.“
Aus dem Tagebuch von Marie von Ebner-Eschenbach, 17. Mai 1891: „Nm bei Ida. Richard machte eine photographische Aufnahme der Tarok Partie bei Magnesium Licht.“
Zu meiner Freude wurde ein Text von mir in der Zeitschrift Nestroyana aufgenommen, die neue Nummer ist soeben erschienen. Ich schreibe immer gern über Betty Paoli, aber in diesem Fall war es mir ein besonderes Vergnügen. Nicht nur, weil ich das Thema „Betty Paoli und die schönen Frauen“ (mit den schönen Frauen sind Schauspielerinnen gemeint) höchst interessant finde, sondern auch wegen der Vorgeschichte des Texts, der auf einem Vortrag bei den Nestroy-Gesprächen in Schwechat basiert. Diese traditionsreiche Veranstaltung wird mir als eine besondere wissenschaftliche Konferenz in Erinnerung bleiben; wegen des Veranstaltungsorts (Schloss), der Unterbringung (mitten in einem idyllischen Park) und der großartigen Verpflegung (ja, ja, die österreichische Küche). Und vor allem wegen der Atmosphäre des Wohlwollens, in der sich die Wissenschaftler(innen) begegneten, produktive Kritik eingeschlossen.
Vielleicht schärft die Beschäftigung mit Nestroy, dem geistreichen Beobachter von Standesdünkel und Profilierungssucht, die Aufmerksamkeit für unnötiges akademisches Imponiergehabe und macht davor gefeit, vielleicht liegt es am genius loci – wie dem auch sei: An dieser Stelle einen herzlichen Dank an Jürgen Hein und an die Schriftleitung der Nestroyana, Ulrike Tanzer und W. E. Yates.
Mehrfach wurde in diesem Blog die Freundin und Gönnerin Betty Paolis Ida Fleischl-Marxow (1825-1899) erwähnt. Auch von den Bedenken ihres Sohnes Otto Fleischl, seine Mutter würde bald vergessen sein, habe ich berichtet. Um dem Vergessen etwas entgegen zu setzen hier nun ein Zitat aus einem Nachruf auf Ida Fleischl-Marxow:
Es giebt Menschen, die dem Getriebe der Oeffentlichkeit fernstehend, dennoch aus der Fülle ihrer Wesenheit heraus weite Kreise beeinflussen. Zu diesen seltenen Erscheinungen zählte Frau Ida von Fleischl-Marxow. […] Eine Erscheinung von so reicher Eigenart mußte ungesucht zu einem Krystallisations-Punkte schöner Geselligkeit werden, und das Haus Fleischl hat eine markante Rolle im geistigen Gesellschaftsleben Wiens gespielt. Kein literarischer Salon – denn nichts lag Frau von Fleischl ferner als Coteriewesen – war es der Sammelpunkt eines weiten, eigenthümlich mannigfaltigen Kreises, in welchem sich Vertreter der Litteratur, Wissenschaft und Kunst mit denen der verschiedensten Stände zu jenem behaglich ungezwungenen Verkehr zusammenfanden, wie ihn nur das gleichstellende Wohlwollen der Hausfrau hervorzurufen vermag. Und wer kam, kam ihretwillen. Intensiver Gedankenernst, subtilstes Erfassen, Originalität der Betrachtungsweise verliehen ihrem Gespräch reichen Gehalt, und wie der unwandelbare Sonnenschein ihrer Freundlichkeit, erquickte ihr trockener Humor, ihr oft kindlich heiteres Lachen. […] Was sie als Freundin gewesen, die glühende Dankbarkeit in den Versen Betty Paoli’s, Marie von Ebner-Eschenbach’s tiefe Trauer um „ihre stille Mitarbeiterin“ bezeugen es. Und – um die Intimität ihres schönen Familien-Lebens leise nur zu berühren – was ist sie ihren Söhnen, selbst über die Ferne hinweg, gewesen! Die Seelengröße, mit der sie den nie verschmerzten Tod ihres Erstgebornen getragen, hat ihrem milden Wesen einen heroischen Zug eingefügt. […] Ida Fleischl hat jede Lebensbeziehung in ihrem Innersten erfaßt, durch ihre eigene tiefe Innerlichkeit erhöht. Den Aeußerlichkeiten des Lebens aber ist sie mit souveräner Gleichgiltigkeit gegenübergestanden, jeder Zoll eine Persönlichkeit.
Anonym: „Ida Fleischl“. In: Wiener Zeitung, 9.6.1899. S. 17.