Mittwoch, 18. Februar 2009 von Karin S. Wozonig
Schlagworte: ,
Veröffentlicht in 19. Jahrhundert | Keine Kommentare

Jobdescription: Gesellschafterin

Ihr Aufenthalt bey der Familie des Hrn. A. wurde ihr nun doppelt schwer, und da sich zu derselben Zeit eine Veranlassung darbot, dieß Haus zu verlassen, so ergriff sie diese begierig und gesellte sich zu einer Dame, die eine sogenannte Gesellschafterinn, das heißt eine Person suchte, der außer den Arbeiten und Lasten, die einer Dienstmagd aufgelegt werden, noch die weit schwerere Pflicht aufgedrungen wird, sich immer in der nächsten Nähe der Gebieterinn als ein Ableiter ihrer bösen Launen, als Theilnehmerinn und Gehülfinn an allen Sorgen und Beschwerden der Familie, ohne doch als Mitglied derselben gerechnet zu werden, aufhalten zu müssen.

aus: L. Kruse: „Käthchen. Eine dänische Erzählung“ In: Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode. Dienstag, den 2. April 1833. (S. 325-328) [1. Teil]

Freitag, 6. Februar 2009 von Karin S. Wozonig
Schlagworte:
Veröffentlicht in 19. Jahrhundert,Literaturwissenschaft | Keine Kommentare

Von Baden ins Salzkammergut

Betty Paoli beobachtet den bürgerlichen Aufstieg

Im September 1869 schrieb eine der bedeutendsten österreichischen Chronistinnen des neunzehnten Jahrhunderts, Betty Paoli, aus der Sommerfrische in Ischl ein Feuilleton für die Neue Freie Presse, das Leibblatt des liberalen Großbürgertums.

In diesem Text steckt alles, was die Leser und Leserinnen der Zeitung in den vier Jahrzehnten vor der Publikation dieses Feuilletons in das Salzkammergut geführt hatte:

  • die Eisenbahn,
  • die soziale Mobilität,
  • der Überdruss am städtischen Leben,
  • die Sehnsucht nach bezwingbarer Natur – und mehr:

In diesem Text war die Vorahnung formuliert, wohin es weitergehen würde; nämlich weiter hinaus in die Welt. Denn wer es in den Jahren zwischen 1829 und 1869 von Baden bei Wien in das urban-alpine Ischl geschafft hatte, der würde dort nicht halt machen. Lesen Sie auf Kakanien revisited, was ein Sommerurlaub in Ischl mit dem sozialen Aufstieg des Bürgertums in der Habsburgermonarchie zu tun hat.

Dienstag, 3. Februar 2009 von Karin S. Wozonig
Schlagworte: ,
Veröffentlicht in 19. Jahrhundert,Literatur,Literaturwissenschaft | Keine Kommentare

Nochmals: Ein Bild von einer Dichterin

Eine Ergänzung zum Eintrag über Cajetan Cerris Huldigung an Betty Paoli „Als ihr lithographiertes Portrait erschien“.

Cajetan Cerri zu Füßen von Betty Paoli. „Der österreichische Parnaß“, Karrikatur von Franz Gaul, 1862, (Ausschnitt). Abgebildet in: Deutsch-Österreichische Literaturgeschichte. Ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Dichtung in Österreich-Ungarn. 3. Bd. Hg. Eduard Castle. Fromme: Wien 1930.

Dienstag, 20. Januar 2009 von Karin S. Wozonig
Schlagworte: , , , ,
Veröffentlicht in 19. Jahrhundert,Literaturwissenschaft | 1 Kommentar

Lust und Leid des Reisens

„Als die Fürstin Schwarzenberg im Revolutionsjahr 1848 starb, zog Betty Paoli nach Dessau, um dort als Gesellschafterin der Gräfin Bünau zu arbeiten. Bei Besuchen in Berlin aktivierte sie den Kontakt zu Karl August Varnhagen von Ense: „Sonnabend, den 3. Nov 1849 […] Unerwarteter Besuch von Fräulein Betty Paoli, die vor vier Jahren mit der Fürstin von Schwarzenberg hier war. Sie ist sehr angenehm, voll Verstand und Sinn.“  Einer Modeerscheinung folgend fuhr Paoli im Jahr 1850 für drei Monate nach Paris, ausgestattet mit zwei Briefen an Heinrich Heine. […] Über ihren Aufenthalt in Paris schrieb Paoli nach ihrer Rückkehr mehrere Feuilletons für den Lloyd. […] Zwei Jahre später erscheinen im Lloyd Feuilletonbeiträge von Betty Paoli, die der Gattung des Reiseberichts näher kommen als die „Pariser Eindrücke“.  In diesen Texten beschreibt Paoli eine Reise nach Italien […]

Wenn Jemand das Reisen aufrichtig aus tiefster Seele verabscheut, bin ich’s; wenn Jemand den zauberischen Reiz des Lebens in Schlafrock und Pantoffeln gerührt zu würdigen weiß, bin wieder ich es. Und gerade mich muß es treffen, rastlos umherzuwandern, mich, die ich so gern in meiner Klause bleiben und Tag für Tag zur selben Stunde dasselbe thun möchte, eine lebendige Uhr für die ganze Nachbarschaft. […] An einem schönen Junitag verließ ich Wien, wehmüthig den Genüssen entsagend, die man niergends anders als in seinen vier Pfählen zu finden hoffen darf. Zur beliebigen Stunde aufzustehen, beim Frühstück zwischen jedem Nippen an der Tasse eine Schaar doppelt lieblicher, weil wacher Träume vorbeidefilieren zu lassen […] – das waren die Freuden, die ich für eine Weile aufgab, und welcher Ersatz harrte meiner dafür? Bei Tagesanbruch mit dem Schreckensruf geweckt zu werden: „Es ist keine Zeit mehr zu verlieren!“ schlaftrunken in die Kleider zu fahren, in der Hast der Abreise die Hälfte meiner Toilette-Requisiten im Gasthof zu vergessen, endlich in einem mit Menschen angefüllten Waggon geschoben zu werden, dessen Wärmegrad mit dem eines Orchideenhauses auf gleicher Höhe […]“

Ähnlich umfangreich wie die „Reise-Memoiretten“ von 1852 sind die in der Neuen Freien Presse in den Jahren 1870 und 1871 erschienen „Reisestationen“. Hier berichtet Paoli über die Meinung ihres Arztes, der sie zur Reise gedrängt habe und erinnert sich dabei an ihre frühere Italien-Reise, die sie aus Gesundheitsgründen angetreten hatte:

Rasch war mein Entschluß gefaßt, so schwer es mir auch fiel, noch weitere Länderstrecken zwischen mich und die Heimat zu legen. Es mußte sein. Mein Arzt hatte erklärt, das Reisen sei eine absolute Nothwendigkeit für mich; alle meine Freunde hatten sich dieser Meinung angeschlossen und noch den Rath hinzugefügt: „Je weiter, desto besser.“ Nach dieser schönen Einstimmigkeit zu schließen, muß ich nicht nur krank, sondern auch unausstehlich sein. […]

Aus: Karin S. Wozonig: „So streifet mein Begehren, hin durch die weite Welt…“ Betty Paoli auf Reisen. In: Austriaca 62 (2006) S. 113-123.

Mittwoch, 14. Januar 2009 von Karin S. Wozonig
Schlagworte: , ,
Veröffentlicht in 19. Jahrhundert,Literaturwissenschaft | Keine Kommentare

Jänner 1881

28. Jänner 1881: Nachmittag bei Ida […] Betty [Paoli] hustete, daß die Leute es auf der Straße hören mußten.

Aus: Marie von Ebner-Eschenbach: Tagebücher. Hrsg. v. Polheim, Karl Konrad/Gabriel, Norbert. Band III 1879-1889. Tübingen 1993.

Montag, 12. Januar 2009 von Karin S. Wozonig
Schlagworte: , ,
Veröffentlicht in 19. Jahrhundert,Literaturwissenschaft | Keine Kommentare

Paolis Schreib- und Lebenssituation

Im Jahr 1855 ließ der gute Stern der Dichterin sie finden, was wol die Erfüllung des Traumes eines jeden Schaffenden ist: alle Annehmlichkeiten, alles Behagen des Familienlebens ohne eine seiner Verpflichtungen. Durch fast vierzig Jahre hat sie im Frieden des Hauses v. Fleischl-Marxow, unter hochbegabten, edlen Menschen gelebt: frei und geschützt.

aus: Feuilleton. Betty Paoli. In: Neue Freie Presse 22. Juli 1894. S. 1-4. [gez. Marie v. Ebner-Eschenbach, St. Gilgen, den 14. Juli 1894]

Montag, 5. Januar 2009 von Karin S. Wozonig
Schlagworte: , ,
Veröffentlicht in 19. Jahrhundert,Literaturwissenschaft | Keine Kommentare

Betty Paoli trifft Otto Ludwig

In der Neuen Freie Presse vom 10. Januar 1866 schrieb Betty Paoli über den Schriftsteller, der den Begriff „poetischer Realismus“ prägte:

Es war im September des Jahres 1858, als ich, auf der Durchreise einige Tage in Dresden verweilend, diese Gelegenheit, Otto Ludwig persönlich kennen zu lernen, zu benutzen beschloß. Nicht ohne eine gewisse Beklommenheit machte ich mich auf den Weg. Kein Empfehlungsschreiben, kein Anknüpfungspunkt, wie gemeinsame Freunde ihn bieten, vermittelte die Bekanntschaft, nach der es mich verlangte. Ich fragte mich, ob die Verehrung, die ich dem Dichter entgegenbrachte, mir das Recht gebe, in seine Häuslichkeit einzudringen. Solche Zweifel beschäftigten mich noch, als ich auf dem Wege nach Ludwigs ziemlich entlegener Wohnung die Promenade entlang schritt. Ich unterdrückte sie jedoch und sagte mir, daß die Bescheidenheit, die uns verleiten möchte, unser Lieben und Bewundern zu verschweigen, im Grunde nur verkappter Hochmut sei, der sich nicht der Gefahr einer Zurückweisung aussetzen will […]

Das zweiteilige Feuilleton Paolis über das Leben und Werk von Otto Ludwig ist auf ANNO, dem Projekt AustriaNNewspaperOnline, nachzulesen.

Dienstag, 16. Dezember 2008 von Karin S. Wozonig
Schlagworte: ,
Veröffentlicht in Chaostheorie,Literaturwissenschaft | Keine Kommentare

Intuition im wissenschaftlichen Diskurs

Selbstverständlich kann man eine Biografie der Schriftstellerin Betty Paoli mit den Worten beginnen lassen:

Am 5. Juli 1894 starb Betty Paoli während eines Sommeraufenthalts in Baden bei Wien.

Das rollt das Leben gewissermaßen von hinten auf, was die Illusion erzeugen könnte, dass Linearität beim Erzählen einer Lebensgeschichte nicht unbegingt notwendig sei. […] Vielleicht könnte man auch noch das zu erzählende Menschenleben auf mehr oder weniger zusammenhängende wirkliche und metaphorische Örtlichkeiten verteilen und so der Einförmigkeit der fließenden Zeit entgehen? […]

Die wissenschaftliche Erzählung […] veranschaulicht die historisch Lebenswelt, zugleich vermeidet die Matrix von öffentlichen und privaten Räumen, vor der der individuelle Lebenslauf beschrieben wird die evolutive Unumgänglichkeit der Biographie […]

Das mag auf den ersten Blick eine recht brauchbare Lösung sein, aber die Lebensgeschichte bleibt eine Geschichte, somit dem Modus der Narration unterworfen, und der Anfang und das Ende mögen auseinander klaffen oder zusammengepackt werden, die Verläufe mögen verworren werden (beabsichtigt oder durch Unachtsamkeit der Schreiberin) […] Aber

Jede historische Darstellung ist auch Fiktion, da die Stringenz der Darstellung nicht nur auf dem Prinzip der Sukzession und der chronologischen Begrenzung beruht, sondern auch auf der Form der Narration

[…], dann sollte ich mir auch die Mühe machen, nach der Alternative zur öden, kausalzusammenhangsfixierten Historiographie der Neuzeit zu suchen, oder? Und hier kommt die Erforschung nichtlinearer Dynamik, vulgo Chaosforschung, ins Spiel. (aus: Karin S. Wozonig: „Das gefühlte Ende und Intuition als wissenschaftliche Kategorie.“ In: sinn-haft nr.18. Theorie Erzählungen. Persönliches Sprechen vom eigenen Denken. S. 35-37)

Freitag, 12. Dezember 2008 von Karin S. Wozonig
Schlagworte: , , ,
Veröffentlicht in 19. Jahrhundert,Literatur | Keine Kommentare

Aus dem Tagebuch von Marie von Ebner-Eschenbach

7. Dezember 1865: „Kleine Soirée bei Fanny Elssler. Betty Paoli, Mathilde Wildauer, allerlei Herren u. Damen. Anfangs war die ganze Gesellschaft steif und schweigsam. Fräulein Wildauer brach das Eis, es wurde mir gleich heimlich, weil sie mit so angenehmer Ungeniertheit allerlei albernes Zeug sprach. Dafür aber Betty Paoli! Eine Minerva, eine Olympierin. Imposant u. hinreißend wenn sie sich herablässt liebenswürdig zu sein.“ (Marie von Ebner-Eschenbach: Tagebücher. Hrsg. v. Polheim, Karl Konrad/Gabriel, Norbert. Band I 1862-1869. Tübingen 1989.)

Mittwoch, 10. Dezember 2008 von Karin S. Wozonig
Schlagworte: , ,
Veröffentlicht in 19. Jahrhundert,Literatur,Literaturwissenschaft | Keine Kommentare

Ein Bild von einer Schriftstellerin

Als im Jahr 1847 ein Bild der Lyrikerin Betty Paoli in Umlauf kam, ein „Meisterwerk lithografischer Kunst, […] die jüngste Arbeit unseres genialen Prinzhofer“, so der Herausgeber der Zeitschrift „Wanderer“, veranlasste das ihren Dichterkollegen Cajetan Cerri (1826 in Brescia geboren, gestorben 1899 in Karlsbad/Karlovy Vary) ein Gedicht auf sie zu verfassen:

An Betty Paoli. Als ihr lithographiertes Porträt erschien.

„Willst Du erschau’n, wie viel ein Herz kann tragen,
O blick in mein’s!“ B. Paoli

Und ob Dich mein Auge nie gesehen,
Ich weiß es doch: dies Bild, es ist Dein Bild.
So muß es sein – so schwärmerisch, so mild
Sah ich Dich stets im Traum vorübergehen.

Oft blick‘ ich kühn zu Deinen Sonnenhöhen,
Ein Aar auf fremdem eisigen Gefild;
Ich las Dein Lied – mein Herzblut rollte wild
Und Südenslüfte fühlt‘ ich mich umwehen.

Und sieh! mir war’s als trämt‘ ich eben wieder
Der Heimat Traum – als sollt‘ mein Stern jetzt fallen,
Um zu vergeh’n im Gluthmeer Deiner Lieder.

Da kam Dein Bild – und stumm sind meine Klagen,
Denn nun ist’s mir als hört‘ ich leise schallen:
Ich bin bei Dir – so lern wie ich ertragen!

C. Cerri