Samstag, 29. Mai 2021 von Karin S. Wozonig
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Wonne

Diese Woche bescherte uns das Ö1-Radiokolleg einen Paoli-Auftritt. Die Sendung von Uli Jürgens war dem „Liebeslied im Wandel der Zeit“ gewidmet. Alle drei Teile waren erhellend, Paoli und ihr literarisches Alleinstellungsmerkmal – ein leidenschaftlich liebendes weibliches Ich, gestaltet von einer Frau zu einer Zeit, in der die Liebeslyrik weitgehend ohne Frauen auskam – in einer Vertonung von Robert Volkmann war im dritten Teil zu hören (Radiokolleg – Wonnemonat Mai, 27.05.)

Dienstag, 4. Mai 2021 von Karin S. Wozonig
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Actionszene mit Tochter

Zu Betty Paolis Freunden gehörte der Journalist Friedrich Uhl. Er erinnert sich in den 1880er Jahren an die Dichterin im Salon der Iduna Laube:

Betty Paoli, voll Gluth und Leben, die Freundin ihrer Freunde, die glühende Feindin der Feinde Oesterreichs und alles Unedlen in der Literatur, war anregend wie frischer Ost.

Uhl hatte eine Tochter namens Frida, die nach Überwindung einiger Hindernisse August Strindberg heiratete. Das ist in einer Reihe der Zeitung Welt nachzulesen, deren Titel hoffentlich einen falschen Eindruck vom Erlebnisfaktor des Gegenstands und damit des Berufs Literaturwissenschaftler vermittelt.

Mittwoch, 24. März 2021 von Karin S. Wozonig
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Sonntag, 21. März 2021 von Karin S. Wozonig
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Was ist die Poesie

Was ist die Poesie? Gib mir Bescheid!
Die Wahrheit ist sie, doch im Feierkleid.

Betty Paoli

Donnerstag, 7. Januar 2021 von Karin S. Wozonig
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Literarische Seuchenbekämpfung

Betty Paoli hatte ein Faible für Burgschauspieler, zum Beispiel für Josef Lewinsky. Mit diesem Protegé im Schlepptau besuchte die Dichterin Menschen, deren Bekanntschaft ihm dienlich sein konnte. Und so fuhren die beiden nach München zu dem Arzt und Autor Hermann Lingg. Den kennt heute kaum noch jemand, aber damals war er ein bekannter Balladendichter, gefördert von dem hochberühmten Lyriker Emanuel Geibel, der auch in diesem Blog einen Auftritt hatte.

Ein Werk von Lingg trägt den Titel Die Besiegung der Cholera, Untertitel Ein Satyrdrama mit Vorspiel.

Es ist ein recht amüsantes Epos, das Lingg unter dem Eindruck der Cholera-Pandemie von 1854 verfasst hat. Hier sei die Szene zitiert, in der der Tyrann Typhus, nach Beratung mit seinem Staatsrat, bestehend aus dem Präsidenten Trismus, dem Außenminister Aussatz und dem Admiral Skorbut (seine Botin Gicht vermerkt: „Den Zoster, scheint’s, vergisst er“), seine Frau, die Cholera, nach Europa schickt:

Typhus:
Unglückliche Sultanin, Herrscherin der Todten,
Die Hölle, die uns zwingt, hat mir geboten,
Dich zu verweisen nach Europas Westen,
Dort Himmel, Meer und Erde zu verpesten.
Du siehst, wie sehr ich Deinen Abschied fühle,
Ich weine Thränen vieler Krokodile.
Die Wechselfieber nimmst Du zur Bestreitung
Der Kosten, Eminenz den Scharlach als Begleitung,
Die Ruhr als Kammerzof, und als Lakai den Friesel.
Leb wohl, und komm zurück, gesunder als ein
Wiesel! –

Freitag, 2. Oktober 2020 von Karin S. Wozonig
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Verriss: Lassen wir sie selbst sprechen

Wir haben es vorlängst ausgesprochen, daß die Kritik in gewissen Fällen dem Publicum als Warnungstafel zu dienen habe; als eine solche mag denn nun der Leser unsere Anzeige des neuen Romans von Auguste Linden: „Vier Lebenstage“ betrachten. […]

Die Verfasserin versteht es […], unserer Phantasie den Zauber eines nächtlichen Gartenfestes zu vergegenwärtigen. Lassen wir sie selbst sprechen: „Kleine Zelte, mit farbigen Seidengardinen drapirt und mit hellklingenden Glöckchen von Metall behangen, zogen sich unter den Pyramiden hin. Hier sollte die Musik spielen, die heute die frohen Tänze begleiten würden. (Bisher hatten wir geglaubt, daß die Musik den Tanz begleite; nun erfahren wir, daß es sich damit umgekehrt verhält. Und würden! O Auguste Linden!) Gruppen von seltenen Gewächsen standen in reichverzierten Töpfen da und bildeten halbverbergende künstliche Lauben für die plastischen Statuen, über denen sich wieder Bogen von farbigen Lampen wölbten.“

Plastische Statuen! Welche andere Statuen gibt es denn noch? Aber die Verfasserin ist consequent: keine irdische noch himmlische Macht würde sie bewegen, ein Hauptwort ohne die Begleitung eines Beiwortes in die Welt hinauszuschicken, und da sie das passende nicht immer, oder besser gesagt nie zu finden weiß, muß ihr auch das unpassendste dienen. […]

Ein Gerücht […] behauptet, die Verfasserin […] sei eine der höchsten Stände angehörende Dame. Wir betrachten dieses Gerücht als eine der empörendsten Anschuldigungen, die jemals vom Hasse der Demagogen ersonnen wurden, um die Aristokratie in Verruf zu bringen und den Leichtgläubigen vorzuspiegeln, welcher Unthaten man sich von Seiten des Adels versehen kann.“

Betty Paoli: Bücherschau. In: Wiener Lloyd 7. Juli 1853.

Donnerstag, 1. Oktober 2020 von Karin S. Wozonig
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Betty Paoli rezensiert Gedichte – oder auch nicht

„Zehn Bände Gedichte liegen vor uns. Zehn Bände! Du brauchst aber deshalb nicht zu erschrecken, lieber Leser; es fällt uns nicht im Traume ein, dir über diese ganze Bibliothek zu referiren. Von den erwähnten zehn Bänden stehen sieben so tief unter der Mittelmäßigkeit, daß die Kritik nicht mehr mit ihnen zu schaffen hat, wie mit dem Gequake der Frösche, deren lyrischer Drang sich an schönen Sommerabenden Luft macht. Weil wir aber nicht fordern können, daß du uns dies auf’s Wort glaubest, wollen wir unsere Behauptung mit einigen Citaten unterstützen. Hast du an diesen nicht genug und forderst dann noch eine gründliche Analyse des Ganzen, so soll dir werden, was du verdienst. Thörichtes Verlangen wird am härtesten dadurch bestraft, daß man es gewährt. Vorläufig erfreu dich an den folgenden Citaten.
Herr Carl Ludwig Blum singt (Seite 46) in dem „Lied einer Wahnsinnigen“:

„Holofernes und David und Salomon,
Diese drei Weisen, die wußten es schon!
Adam und Eva hat’s Lieben erdacht,
Ich mit mein’m (!!!) Schätzel hab’s auch so gemacht.“

In einem andern „mit einer Mundtasse“ betitelten Gedicht heißt es:

„Sieh Mamachen diese Tasse
Und darin ist auch Kaffee!
Du verstehst dich auf dies Nasse
Mehr als ich auf’s ABC.“

Ehrlich gestanden ist uns Herr Blum unter dem poetischen Siebengestirn noch beiweitem der Liebste. Seine Verse sind nicht mittelmäßig, sie sind positiv schlecht; die Gedanken, die er vorbringt, sind nicht abgeblaßte Reflexe fremder Ideen, nein! sie glänzen durch selbstständige Absurdität, mit einem Wort, sein Buch hat einen ausgesprochenen Charakter, und es ließe sich daraus eine Blumenlese zusammenstellen, die im Verein mit kalten Waschungen, Bewegung im Freien und dem Gebrauch des Kissingerbrunnens zur Heilung manchen Hypochonders beitragen dürfte. Die andern sechs Bände sind nur langweilig…“

Betty Paoli: Bücherschau. In: Wiener Lloyd 15. Juni 1854 , S. 1-3.

Dienstag, 14. Juli 2020 von Karin S. Wozonig
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Kultur und Psychologie

Was ist von einem Text zu erwarten, der mit einer Einleitung unter dem Titel „Österreich ist nicht Deutschland“ beginnt? Dass es darin um Betty Paoli geht selbstverständlich. Genau genommen darum, dass Paoli als Kritikerin dem österreichischen Realismus und da besonders Marie von Ebner-Eschenbach und Ferdinand von Saar das Wort redete.

Aus der Perspektive der deutschen Literaturgeschichtsschreibung sind die Werke österreichischer Autorinnen und Autoren der realistischen Epoche, also der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, Sonderfälle, die sich schwer einordnen lassen und deshalb ignoriert oder als Anhängsel behandelt werden. Die unterschiedlichen Entwicklungen, die die deutschen Länder und die habsburgische Monarchie genommen haben, die Annäherungen, Spiegelungen und Abstoßungen in politischer, wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht, die zwischen Deutschland in seinem jeweiligen nationalen Verständnis einerseits und dem habsburgischen Vielvölkerstaat andererseits zu verzeichnen sind, gehen
spätestens seit dem Vormärz erkennbar in die Literatur ein.

Erschienen ist mein Beitrag Österreichischer Realismus als Sonderfall. Betty Paoli über Kulturbilder und psychologische Gemälde (Saar, Ebner-Eschenbach) hier:

Montag, 25. Mai 2020 von Karin S. Wozonig
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Böhmischer Frühling

Im Standard schreibt Michael Stavarič über eine Übersetzung von Karel Hynek Máchas Gedicht Maj aus der Feder von Ondřej Cikán. Über Mácha, der im November 1836 kurz vor seinem sechsundzwanzigsten Geburtstag starb (vielleicht an der Cholera), sagt ein deutschböhmischer Kollege im Jahr 1844: „Kurz geblüht, das Geschick getragen und erlegen: ein Dichterloos.“ Das Gedicht Maj erschien im Selbstverlag und die zeitgenössische Kritik reagierte zurückhaltend auf die ungewöhnliche Form. Heute ist das Hauptwerk der tschechischen Romantik in Auszügen Pflichtlektüre an tschechischen Schulen.

Die erste deutsche Übersetzung des epischen Gedichts erschien in Libussa. Jahrbuch für 1844, der Übersetzer war Siegfried Kapper, jüdischer Arzt in Böhmen, Dichter in beiden Sprachen und mit Betty Paoli befreundet. Bei Kapper klingt der Anfang des Gedichts so:

Spät Abend – erster Mai – ein Abendmai.
Es war die Zeit, um liebend zu durchirren
Den duft’gen Kieferhain, wo traut und treu
Zur Liebe lud der Turteltäubchen Girren.
Von Liebe flüstern rings die weichen Moose,
Der Liebe Wehe log der Blüthenbaum,
Die Nachtigall sang Liebesklag’ der Rose,
Verduftend still, ein glüher Liebestraum.
Der glatte See, in schatt’ger Büsche Kühle,
Vom Ufer rings umarmt mit stillem Sehnen,
Erbraus’te dumpf verhalt’ne Schmerzgefühle,
Indeß der Sonne Strahlen – Glutguirlanden –
Gen andre Welten irrend, hier verschwanden,
Um dort zu glüh’n, gleich heißer Liebe Zähren.

Wie Ondřej Cikán das Problem des unübersetzbaren poetischen Gefühlsausdrucks gelöst hat, können Sie in diesem Buch nachlesen: Karel Hynek Mácha: Mai (Máj 1836), übersetzt und mit Nachwort versehen von Ondřej Cikán, illustriert von Antonín Šilar, zweisprachige Ausgabe. Ketos-Verlag 2020. Auf der Website des Verlags kann man das Gedicht auch hören.

Dienstag, 21. Januar 2020 von Karin S. Wozonig
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Davon kann man nicht leben

Die österreichische Autorin Betty Paoli (1814-1894) beobachtete in ihrer Lebens- und Schaffenszeit den Wandel von der Verbundenheit zwischen Autoren bzw. Autorinnen und ihren Leserinnen und Lesern hin zum literarischen Massenmarkt ohne persönliche Bindungen. Parallel dazu veränderte sich das Rollenverständnis der Dichterinnen und Dichter. Paoli war von diesen Entwicklungen durch ihre Lyrikproduktion selbst betroffen und machte die Beziehung zwischen Künstlern und ihrem Publikum auch zum Thema ihrer Dichtung. Außerdem fanden exemplarische Darstellungen von Autorenbiographien ihren Niederschlag in Paolis Prosa. Und schließlich stellt Paoli als Journalistin einen Teil ihrer publizistischen Arbeit in den Dienst der Analyse und Verbesserung der Produktionsbedingungen von Autorinnen und Autoren. Diese vielfältige Befasstheit Betty Paolis…

weiterlesen: Karin S. Wozonig: Betty Paoli. Zwischen Genie und Schillerstiftung. In: Frank Jacob und Sophia Ebert (Hrsg.): Reicher Geist, armes Leben. Das Bild des armen Schriftstellers in Geschichte, Kunst und Literatur. S. 53-67