Mittwoch, 18. September 2013 von Karin S. Wozonig
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Buchmarketing

Heute möchte ich erzählen, dass Betty Paoli in ihrer Funktion als Kritikerin für die Zeitung „Die Presse“ versucht hat, Büchern zum Erfolg zu verhelfen. Das ist dem Autor Alfred Friedmann, über dessen Literatur Paoli meines Wissens nie geschrieben hat, nicht entgangen. In einem Artikel mit dem Titel „Etwas über das Recensieren“ schreibt er:

Die Dichterin Betty Paoli hat jüngst in der „Presse“ der Dichterin Ebner von Eschenbach zwei Feuilletons gewidmet und gesagt: „dem Genie gehöre solch epische Recension, dem Mittelgut kaum eine kurze Notiz; ein gutes Buch mache sich übrigens ganz von selbst bekannt.“ Gewiß! Getrennt sind die beiden Behauptungen sehr richtig; geeint stoßen sie sich gegenseitig u. wenn ein gutes Werk sich selbst bekannt macht, warum dann zwei Feuilletons darüber? Auch hat nicht jede Freifrau Marie von Eschenbach ihre Betty Paoli, und nicht jedem mittelmäßigen Buch wird eine Notiz.

Ausschluss der Autorinnen aus demokratischen Prozessen

Vor einiger Zeit habe ich bei einer Konferenz über Autorinnen im Vormärz gesprochen. Jetzt ist daraus ein Beitrag geworden, und zwar in einem sehr hübschen Buch, herausgegeben von Robert Seidel und Bernd Zegowitz. Das Buch trägt den Titel Literatur im Umfeld der Frankfurter Paulskirche 1848.

Über den „Actenmäßiger Bericht über die erste Versammlung deutscher Schriftstellerinnen, gehalten zu Weimar am 5., 6. und 7. October 1846“ zu schreiben, war mir ein großes Vergnügen. Es handelt sich bei dem „Bericht“ um eine Satire, die ein Panorama der Beteiligung von Autorinnen am literarischen Leben bietet. Der anonyme Autor des Berichts kennt sie alle, die Verfasserinnen von Almanachnovellen, von Liebeslyrik und Kochbüchern, die Übersetzerinnen und Reiseschriftstellerinnen seiner Zeit. Er nennt sie mit Namen und lässt sie bei dem Versuch aufeinandertreffen, ihre gemeinsamen Interessen in einer Versammlung zur Sprache zu bringen.

Wir begegnen in der Satire Annette von Droste-Hülshoff, der zu diesem Zeitpunkt noch anonym veröffentlichenden Fanny Lewald, Bettina von Arnim, Louise Otto-Peters, Louise Aston (auch sie tritt anonym auf) und noch so einigen schreibende Frauen (insgesamt ca. achtzig), die im Vormärz den Herren Schriftstellern und Dichtern den Angstschweiß auf die Stirn getrieben haben.

Auch der Verfasser des „Actenmäßigen Berichts“ bedient sich des misogynen Diskurses, aber er hat sich ausführlich mit den Autorinnen beschäftigt, über die er sich lustig macht. Seine Fanny Lewald bringt einen Trinkspruch auf die Bestsellerautorin Ida Hahn-Hahn aus:

Ob auch an ihr nagt neid’scher Männer Wahnzahn
Uns ewig lieb, hoch! Ida Gräfin Hahn-Hahn!

Und Betty Paoli legt er folgenden Redebeitrag in den Mund:

Wer freilich Schriftstellerin werde, um nicht Haushälterin zu werden, oder Nähjungfer, oder Ladenmamsell, dem möge das (Lernen von anderen) ganz nützlich dünken, damit wolle sie (Paoli) den hochachtbaren Damen, die von ihrer Feder leben müßten, keineswegs zu nahe treten; unsere Zeit sei nun einmal so und von der Feder leben immer besser als von der Nähnadel, aber Talent gehöre zu Allem und lernen und eintrichtern lasse sich das einmal nicht.

Im größeren Zusammenhang der Literatur im Umfeld der Paulskirche demonstriert die Satire, dass ihr Ausschluss aus den vormärzlichen demokratischen Prozessen enorme Nachteile für schreibende Frauen hatte.

Samstag, 13. Juli 2013 von Karin S. Wozonig
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Betty Paoli zurück in der „Presse“

Die Redaktion der österreichischen „Presse“ feiert mit einer Sondernummer den 165. Geburtstag der Tageszeitung. Zwar fälscht sie damit die Pressegeschichte, denn die heutige „Presse“ ist nicht aus der 1848 gegründeten „Presse“, sondern aus dem Spin-off „Neue Freie Presse“ von 1864 hervorgegangen, aber da will ich jetzt nicht kleinlich sein. Vor allem deshalb nicht, weil die Redaktion der „Presse“ für die Jubiläumsnummer einen Beitrag von Betty Paoli, erstmals erschienen im Jahr 1865, abdruckt. Der Artikel ist im Original mit „Eine Zeitfrage“ betitelt und kann auch in einem von Eva Geber herausgegebenen Band mit Paoli-Essays, zu dem ich einen Text über Betty Paolis journalistisches Werk beigetragen habe, nachgelesen werden.

Die Zeitfrage ist die Frage nach der Qualifikation von Frauen für die Arbeitswelt, die sogenannte Frauenfrage, und der Kommentar von Bettina Steiner, der den Wiederabdruck des Texts begleitet, ist mit der Behauptung übertitelt: „Feminismus heute: Betty Paoli hätte die Quote gefordert“. Vielleicht hat sie damit recht, vielleicht würde Paoli aber auch meinen, dass ein Vorrang des biologischen Geschlechts vor der Qualifikation in keiner Hinsicht sinnvoll sei.

Ärgerlich ist es allemal, wenn man in einer Gesellschaft lebt, in der das „alberne Vorurteil“ blüht, „der beschränkteste Mann sei zu einer Anstellung in einem Geschäft, einem Comptoir, einer Schule besser befähigt als die intelligenteste Frau“ (Paoli in der „Neue Freie Presse“ 1866).

Paoli hat übrigens auch für die 1898 eingegangene „Presse“ geschrieben, und zwar gleich im Gründungsjahr der Zeitung 1848. Diese Artikel, in denen Paoli die Verirrungen der Revolution beklagt und pathetisch die Heiligkeit der Kunst beschwört, hätte die heutige „Presse“-Redaktion wohl nicht so gern in ihrer Jubiläumsnummer abgedruckt. Mit der politischen Haltung der Original-„Presse“ ist Betty Paoli ganz zufrieden. An Fürst Friedrich zu Schwarzenberg, den Sohn ihrer 1848 verstorbenen Arbeitgeberin, schreibt sie:

Ich erlaube mir Ihnen hier 2 Nummern, der Ihnen wahrscheinlich noch unbekannten „Presse“ zuzusenden; dieses Blatt ist ohne Vergleich das bedeutendste unter den in Wien erscheinenden und hat sich selbst Stadions Anerkennung erworben.

Samstag, 15. Juni 2013 von Karin S. Wozonig
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Mehrsprachige Emotionsforschung

Für die NZZ hat die Literaturwissenschaftlerin Franziska Meier einen sehr schönen Text über den lange vernachlässigten französischen Autor François-René de Chateaubriand geschrieben. Meier schreibt über Chateaubriand so, dass ich es wieder einmal bedaure, nicht gut genug Französisch zu können, um die sprachlichen Finessen von Chateaubriands Roman „René“ (1802) genießen zu können. Der Autor hat darin “le mal du siècle” beschrieben, also das, was in der Literatur als Weltschmerz weiterlebt, ein Thema, das mich sehr interessiert.

Sowohl „René“ als auch die umfangreichen „Erinnerungen“ und einige Erzählungen von Chateaubriand sind ins Deutsche übersetzt worden, unter anderem von Stefan Zweig, wenn ich mich recht erinnere. Aufgrund der sprachlichen Unterschiede (so nehme ich an) wird aus der Innerlichkeit des französischen Autors, aus den literarischen Seufzern und der genauen Selbstbeobachtung im Deutschen aber ganz schnell ein etwas nervendes, egozentrisches Pathos. Wie auch an Byron und bei Betty Paoli zu beobachten: Weltschmerz liest sich am überzeugendsten im Original. Warum ist das so? Gibt es eine Emotionsforscherin oder einen Emotionsforscher aus der Kulturwissenschaft, die oder der darauf eine Antwort hat? Ich bitte um Hinweise und Aufklärung, danke.

Mittwoch, 8. Mai 2013 von Karin S. Wozonig
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Gescheitheit durch Kritik als Dichterinnenhindernis

Betty Paoli, eine der sinnigern Dichterinnen unserer Zeit, hat in ihrer Sammlung: „Lyrisches und Episches“ (Pesth, Heckenast, 1855), zum Theil die frühere Bahn, auf der sie mit großem Glück gewandelt, verlassen. … In der That, es rächt sich, wenn man einst eine sanfte, wie nur unter goldglühenden Orangen, purpurnen Granaten und mauresken Erinnerungen lebende andalusische Träumerin in der Poesie war und plötzlich sich entschließt, über das Burgtheater Recensionen zu schreiben. Betty Paoli ist eine Beurtheilerin der laufenden dramatischen Tageschronik in Wien geworden. Dieser anormale Stand hat ihr mehr kritischen Verstand aufgedrängt, als dem Herzen der Phantasie einer lyrischen Dichterin gutthut.

Karl Gutzkow über Betty Paoli, 1856

Dienstag, 7. Mai 2013 von Karin S. Wozonig
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Gescheitheit als Dichterhindernis

Die arme Paoli! die war ein Dichter, wenn sie ein bisserl weniger gescheidt gewesen wär ein noch größerer.

Ada Christen an Ferdinand von Saar, 7 Juli 1894

Samstag, 23. Februar 2013 von Karin S. Wozonig
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Die Dichterin und ihre Germanistin

Frisch aus der Druckerpresse kommt der Tagungsband „Der Dichter und sein Germanist“, der die Konferenz gleichen Titels zu Ehren des Wiener Literaturwissenschaftlers Wendelin Schmidt-Dengler (1942-2008) dokumentiert. Ich habe dafür den Beitrag „Self-fashioning und Anekdote. Betty Paoli und ihre Biographien“ geschrieben und freue mich, den jetzt gedruckt zu sehen. (Ich freue mich immer, Texte von mir gedruckt zu sehen, immer allerdings mit einer mehr oder weniger langen Anlaufzeit, in der ich erst einmal darüber hinwegkommen muss, dass ich es hätte besser machen können. Man hätte es immer besser machen können, wenn einem anders immer schon als besser gilt, das ist der Nachteil der vielen Möglichkeiten).

Dass ich die Gelegenheit bekommen habe, diesen Text zu schreiben, freut mich aus mehreren Gründen. Erstens ist mir Schmidt-Dengler aus meinem Studium als besonders belesener und humorvoller Germanist im Gedächtnis geblieben. Zweitens war es eine interessante Konferenz und die Veranstalter(innen) haben ein vielfältiges Programm zusammengestellt. Ich habe viel gelernt. Und drittens: Ich habe die Konferenz, meinen Beitrag und die Gespräche darüber dazu genützt, über das Schreiben einer Betty-Paoli-Biographie nachzudenken. Dabei habe ich mich gefragt, wie das denn so sei mit der Erfindung versus der Dokumentation eines Lebens.

Soweit ich sehen kann, erzählen alle, die den Luxus des ungestörten Nachdenkens und die Freiheit der Entscheidung haben, sich und anderen eine Geschichte ihres Lebens ganz nach Bedarf und Bedürfnis, mit Auslassungen, Hinzufügungen und Verdrehungen. Ich finde das gut, denn das verhindert, dass man sich unsympathisch wird. Stellen Sie sich vor, Sie würden sich über jede Ihrer Handlungen und Entscheidungen aufrichtig Rechenschaft geben und alle Ihre Motive unverhohlen vor sich selbst und anderen ausbreiten. Ich vermute, Sie würden sich unsympathisch finden und meiner Erfahrung nach sind Menschen, die sich selbst unsympathisch finden überdurchschnittlich anstrengend.

Aus dem habituellen Erzählen, das heißt Konstruieren der eigenen Biographie folgt, dass Autobiographien üblicherweise stark fiktionalisiert sind, in dem Sinne, dass ihre Bestandteile in eine gute Geschichte verpackt werden, mit geringem Gewicht auf faktischen Kausalzusammenhängen. Was aber, wenn man auf einer rudimentären (und notwendigerweise fiktionalisierten) Autobiographie bei spärlicher Dokumentenlage aufbauend die Biographie eines anderen Lebens erzählen möchte? Wem soll diese Erzählung passen? Der Person zu der die Biographie gehört? Den projektierten Leserinnen und Lesern? Der Autorin der Biographie?

Um die Sache noch komplizierter zu machen, spreche ich (hier im Blog und in meinem oben erwähnten Beitrag für den Sammelband „Der Dichter und sein Germanist“) über die Biographie einer Person, nämlich Betty Paoli, die subjektive Lyrik mit einem lyrischen Ich im Zentrum geschrieben hat, das gut und mit Grund (und wenn wir die Literaturwissenschaftlerregel Nummer eins weglassen, die besagt dass das lyrische Ich nie, nie, nie der Autor/die Autorin ist) für die Stimme der Dichterin selbst gehalten werden kann; und von ihren Zeitgenossen und Freunden gehalten wurde. Die Persona (das lyrische Ich) vieler Gedichte Paolis und die Dichterin teilen Erlebnisse und Erfahrungen, das zumindest macht uns Paoli glauben. Bekenntnis- und Erlebnislyrik ist die Kunst der poetischen Authentizität. Sie ist das Paradox der künstlichen Echtheit. Und Betty Paoli beherrschte diese Kunst, die für eine Biographie zu nützen wäre. Das habe ich vor. Über das Resultat werde ich in diesem Blog berichten.

Freitag, 25. Januar 2013 von Karin S. Wozonig
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Die Tarockpartie

Das Wienmuseum zeigt noch bis Anfang April die Sonderausstellung „Spiele der Stadt – Glück, Gewinn und Zeitvertreib“. In der Ausstellung und in der Bildergalerie auf der Website zur Ausstellung ist das Bild der tarockspielenden Damen Betty Paoli, Marie von Ebner-Eschenbach und Ida von Fleischl-Marxow zu sehen, das am 17. Mai 1891 von Richard Fleischl-Marxow gemacht wurde.

Eine Schilderung der Tarockpartie lieferte Marie von Ebner-Eschenbach in ihrem Nachruf auf Betty Paoli:

„Den letzten Winter hatte sie [Paoli] besonders gut zugebracht. Sie war wieder schriftstellerisch täthig, sie konnte wieder von Herzen heiter sein bei ihrer geliebten Tarockpartie. Länger als ein Decennium hat sie bestanden. Anfangs begnügten wir uns mit einem Spielchen am Sonntag; später fand ich mich an jedem zweiten Nachmittage im Hause unserer gemeinsamen Freundin, Frau Ida, ein. Betty kam aus ihrem Zimmer in den Salon herüber … Sie hatte immer ein freundliches Lächeln, einen warmen Händedruck zum Willkommgruß und brachte meistens etwas mit, einen Brief, ein Buch, ein Manuscript, aus dem sie vorlesen wollte ehe die Partie begann. Unter den vielen interessanten Zuschriften, die sie erhielt, waren ihr und uns die liebsten die Friedrich Pecht’s. Sie boten immer eine Fülle der Anregung, manchmal kam aber auch das Tarockkränzchen in ihnen schlecht weg. Der verehrte Künstler und Kunstkritiker gerieth in edlen Zorn und fragte höchst unwirsch ob denn drei vernünftige Frauen wirklich nichts Besseres zu thun hättten bei ihren Zusammenkünften, als Tarock zu spielen? Ihm waren eben die Geheimnisse unserer Nachmittags-Beschäftigung nicht erschlossen. Er hatte den lächelnden Ernst nicht gesehen, mit dem Betty die bedeutende Handlung einweihte, indem sie sprach: „Spielen! spielen! Wir sind nicht da, um uns zu unterhalten.“ Und so spielten wir denn. Was? Betty’s Ueberzeugung war: Tarock, weil sie ja doch Tarockkarten in Händen hielt. Wie? Nun das Reich, in dem sie sich beim Kartenspielen bewegte, war nicht das der Berrechnung und Combination, sondern das der Inspiration. Manchmal flog, nachdem sie ihre Blätter eines nach dem andern langsam aufgenommen hatte, plötzlich eines davon auf den Tisch, und sie sagte ein Ultimo an, der ein größeres Wagnis war als Hannibal’s Zug über die Alpen. „Aber Betty“, rief dann Frau Ida ganz bestürzt, „du hast ja noch gar nicht gekauft.“ Richtig! zu kaufen hatte sie vergessen, holte das Versäumte sofort nach und begann zu gleicher Zeit eine sehr unterhaltende Geschichte zu erzählen…“

Soviel Inspiration beim Spiel kann teuer werden, und so hält Marie von Ebner-Eschenbach in ihrem Tagebuch fest:

Nachmittags kam Ida u. Betty Paoli, wir plauderten bis Moriz sich einfand, der eine Partie Tarock proponirte, u. es wurde bis 8 Uhr gespielt. B. P. hatte ein ganz horrendes Unglück „Das geht über meine Verhältnisse!“ Moriz behauptete, ich hätte verstohlen ihre Marken aus unseren Büchsen in die ihre zurück escamotirt.

Mittwoch, 9. Januar 2013 von Karin S. Wozonig
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Betty Paoli und Jakob Kaufmann

Betty Paoli hatte viele interessante Freundinnen und Freunde. Durch ihre literarischen Erfolge lernte sie Dichter, Verleger und Redakteure kennen und bei ihrer Arbeit als Gesellschafterin traf sie auf die Salongäste ihrer Arbeitgeberinnen, auf Intellektuelle, Künstlerinnen und Künstler, Politiker und Mäzene. Für Paoli waren diese Beziehungen sehr wichtig, denn sie verschafften ihr die soziale Anerkennung, die sie qua Geburt (Stand und Geschlecht) nicht hatte. Die Freundschaftssemantik nimmt deshalb auch einen wichtigen Platz in Paolis Lyrik ein.

Die Anfrage eines Doktoranden, der sich mit einem Autor aus Paolis Freundeskreis beschäftigt, der heute fast vergessen ist, hat mich dazu gebracht, ein Huldigungsgedicht Paolis an diesen brüderlichen Freund, Jakob Kaufmann, wieder zu lesen. Kaufmann nahm an den vormärzlichen Bewegungen in Österreich und Deutschland Teil und war Mitarbeiter von Gustav Freytag bei den „Grenzboten“.

An Jakob Kaufmann

In der Heimath trauter Haft
Wolltest du nicht weilen;
Mög‘ auf deiner Wanderschaft
Dich mein Gruß ereilen.

Schmerzlich, freudig, mög‘ er dich
An die Zeit gemahnen,
Wo für flücht’ge Stunden sich
Kreuzten unsre Bahnen.

O wie froh ließ ich dein Wort
Meinen Geist umranken,
Und empfing von dir den Hort
Ew’ger Lenzgedanken!

Einen Strom von Poesie
Fühlt‘ ich mich umschwellen,
Meine Seele läuternd, wie
Heil’gen Stromes Wellen! –

Bruder! grüße ich dich leis‘
Hier in meinem Sange,
Weil ich keinen Namen weiß,
Der von süßrem Klange.

O gewiß! dein Herz verkennt
Nicht was meines flüstert:
Daß wir, ob für stets getrennt,
Doch für stets verschwistert.

Mittwoch, 28. November 2012 von Karin S. Wozonig
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Über den Weltschmerz

Ich kann vermelden, dass ein neuer Artikel von mir erschienen ist, und zwar:

„Die Schwester Lenaus? Betty Paoli und der Weltschmerz.“ In: Edinburgh German Yearbook Bd. 6, Sadness and Melancholy in German Literature and Culture. Herausgegeben von Mary Cosgrove und Anna Richards. Rochester, New York: Camden House 2012. S. 71-94.