Montag, 9. November 2009 von Karin S. Wozonig
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Betty Paoli intertextuell 2.0

Betty Paoli war in ihrer Zeit eine der populärsten Lyrikerinnen, was sich auch darin niederschlägt, dass ihre Verse in anderen literarischen Werken zitiert werden.

„Der Kampf, der mich zur Vernunft gebracht hat, war schwer, aber kurz, gottlob. Statt eines Führenden bin ich ein Dienender geworden.
‚Ich dien‘! Den Wahlspruch stark und mild
Trug jenes Luxemburgers Schild,
Der kämpfend bei Crécy gefallen.'“
Kamilla hatte ihm mit hingebendem Interesse zugehört. Daß er so offen über sich selbst mit ihr sprach, war ihr schmeichelhaft, und als der Dragonerleutnant nur gar Verse von Betty Paoli, ihrer Lieblingsdichterin, zitierte, erschien er ihr als das entzückendste aller Phänomene.

Marie von Ebner-Eschenbach: Der Herr Hofrat. Eine Wiener Geschichte

Dienstag, 13. Oktober 2009 von Karin S. Wozonig
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Das Leid der Myrte

Ob Rudolf von Gottschall recht hat, die dichtenden Frauen in zwei Gruppen, nämlich verheiratete und solche einzuteilen, die nie das Leid und die Freuden der Ehe kennen lernten, möge schon aus dem Grunde dahingestellt bleiben, weil er in geistreicher und witziger Weise zwar den ersteren den Preis zuerkennt, als größte Dichterinnen des XIX. Jahrhunderts aber die Freiin Annette von Droste-Hülshoff und Betty Paoli nennen muss, deren Locken, wie bekannt, nie die Myrte schmückte.

Karl Schrattentahl: Die deutsche Frauenlyrik unserer Tage. Mitgabe für Frauen und Töchter gebildeter Stände. Leipzig: Naumburg [1892]

Samstag, 3. Oktober 2009 von Karin S. Wozonig
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Mehr über Fürst Friedrich Schwarzenberg

Betty Paoli, die damals nur erst sinnige Dichterin, noch nicht Recensentin des Burgtheaters und Kritikerin, wohnte im Hause der Fürstin von Schwarzenberg, einer ehrwürdigen unterrichteten, scharfurtheilenden Dame, deren Sohn oder Neffe, ich weiß es nicht, der bekannte „Lanzknecht“ war. Letzterer, Fürst Friedrich Schwarzenberg, vertrat eine politische Anschauung, die noch über die Metternich’sche hinausging. […] Diese Weltanschauung ist eine dem österreichischen Adel so gemeinsame, daß sie sich sogar mit allen Blumen moderner Bildung, mit Citaten aus Byron, Ironieen aus Heine bei ihm verbindet. Selbsterlebtes, „als Manuscript gedruckte“ Erinnerungen an Sonnenuntergänge auf Ischia und Capri, hier ein Bonmot vom Fürsten Ligne, dort eine Strophe von Manzoni – das ist die Schule, der sogar Kaiser Maximilian, der Aermste, das Opfer von Queretaro, angehörte. Liest man, was der letztere geschrieben, so möchte man sagen, seine Mission sei gewesen, Feuilletonist einer wiener Zeitung zu werden.

Karl Gutzkow: Rückblicke auf mein Leben. Berlin: Hofmann, 1875, S. 287f.

Mittwoch, 30. September 2009 von Karin S. Wozonig
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Der Fürst im Almanach

Die lose Reihe über Almanache in diesem Blog geht weiter mit einer Abbildung aus Libussa. Jahrbuch für 1854, einem in Prag erscheinenden Almanach, dessen Verkaufserlös wohltätigen Zwecken zukommt.

Fürst Friedrich Schwarzenberg, geboren am 30. September 1800 bei Pressburg, gestorben am 6. März 1870 in Wien, war Schriftsteller, Offizier und Gutsbesitzer. Außerdem war er ein Freund von Betty Paoli, die von 1843 bis 1848 die Gesellschafterin und Pflegerin seiner Mutter Maria Anna Schwarzenberg war. Moritz Hartmann beschreibt ihn so: „Ein romantisch-eingefleischter Aristokrat von Geist und doch gewissermaßen borniert.“

In der Libussa von 1854, dem dreizehnten Jahrgang dieses Almanachs, findet sich neben dem hier gezeigten Bild ein Prosatext von Friedrich Schwarzenberg mit dem Titel „Eine Morgenpromenade in Wien“. Dieser Text wurde bereits in der Thalia von 1847 gedruckt und ist Teil des Buchs Aus dem Wanderbuch eines verabschiedeten Lanzknechts.

Donnerstag, 24. September 2009 von Karin S. Wozonig
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Schreiben statt Kunst, Herbst 1844

Den ganzen Sommer über, den ich fern von der Stadt zuzubringen pflege, sehne ich mich nach Genüssen der Kunst, vor Allem nach Gemälden, vergegenwärtige mir jene, die ich am meisten liebe, verlange nach ihnen, wie man in tiefer Winternacht nach Morgenlicht verlangt, und wenn ich dann im Spätherbst nach der Stadt zurückkehre und nur ein paar Straßen weit zu gehen brauchte, um meine Sehnsuchtsträume zu verwirklichen – thue ich es dann? Nein. Ehe ich mich dessen versehe, sind alle meine Stunden eingeschachtelt, ich kann keine mehr zum besonderen Gebrauch herauskriegen. Die Galerien sind nur Vormittags geöffnet; da bilde ich mir nun aus alter Gewohnheit ein, ich müsse schreiben. Lächerlich. Wenn ich bedenke, womit ich die Zeit vollgeschrieben habe, möchte ich mit reuigem Bedauern seufzen: Warum bin ich nicht lieber – ich will nicht einmal sagen, in Galerien – nein! nur ganz einfach spazieren gegangen!

Betty Paoli: „Eine Gemäldesammlung in Wien.“ In: Die Grenzboten, 1844, 3. Jahrgang, 1. Semester. S. 395-417.

Dienstag, 8. September 2009 von Karin S. Wozonig
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Stichwort: Emanzipation des Fleisches

Die inhaltlich und formal traditionsbeladene Diätetik Feuchterslebens, die auf die Beherrschung von Leidenschaften, Übung von Tugenden, Selbstbeobachtung und geistige Stärke abzielt, ist für die zeitgenössische Leserschaft als Gegengewicht zu einer anderen, vormärzlichen Diskursformation erkennbar. Die Dichterin und Journalistin Betty Paoli, die Feuchtersleben in den intellektuellen Wiener Kreisen des Vormärz begegnete, bemerkte im Jahr 1867: „In einer Zeit, welche die Lehre von der Emanzipation des Fleisches predigte, schrieb er auf seine Fahne den Wahlspruch: ‚Emanzipation des Geistes!‘ […] Um die [Bedeutung Feuchterslebens] aber vollkommen zu würdigen, muß man sich in die Zeit zurückversetzen, in die seine Entwicklung fiel, sich die Hindernisse vergegenwärtigen, die ihr entgegenstanden“ (Paoli 1908: 147). Die Rede von der „Emanzipation des Fleisches“ ist eine vormärzliche Chiffre, eine Körpermetapher für die Befreiung von religiösen und moralischen Zwängen.

Aus: Karin S. Wozonig: Emanzipation des Fleisches und Diätetik der Seele. Bürgerliche Selbstdisziplinierung im neunzehnten Jahrhundert. In: Marlen Bidwell-Steiner und Veronika Zangl (Hg.): Körperkonstruktionen und Geschlechtermetaphern: Zum Zusammenhang von Rhetorik und Embodiment. Innsbruck, Wien: Studienverlag 2009. S. 221-236.

Dienstag, 18. August 2009 von Karin S. Wozonig
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Dichterleben

„Ein Dichter wie Puschkin gehört der Welt an,“ entgegnete sie. „Wäre ich die alleinige Besitzerin seiner Werke, und wollte ihr diese vorenthalten, so verdiente ich, daß man mir auf der Folter die Auslieferung jener Schätze abpreßte, auf die Aller Herzen, die sich für Schönes regen, ein Recht haben. Was aber der Mensch Puschkin dachte und fühlte, hoffte und besorgte, genoß und litt, was er in der kindlichen Arglosigkeit seiner Seele gegen Die aussprach, die er menschlich liebte und achtete, das gehört nicht für die Oeffentlichkeit.“

Betty Paoli: „Aus den Papieren eines deutschen Arztes“. In: Die Welt und mein Auge. Novellen. Pesth: Heckenast 1844. Bd. 2. 122-202, S. 148.

Mittwoch, 12. August 2009 von Karin S. Wozonig
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Mein Beitrag zum Darwin-Jahr 4

Was gestern noch als Wahrheit hat gegolten,
Ein blinder Irrtum wird es heut gescholten.
Fehl geht, wie oft! des Forschers mühvoll Streben,
Und keine Lösung wird dem Rätsel: Leben.

Der kühnlich ragen will ins Ätherblau,
Wie häufig schwankt des Wissens stolzer Bau!
Nur was der Mund der Poesie verkündet,
Steht fest und sicher in sich selbst begründet
Und bleibt für alle Zeit in voller Kraft –
Sie ist die einz’ge wahre Wissenschaft.

Betty Paoli (1814-1894)

Dienstag, 4. August 2009 von Karin S. Wozonig
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Betty Paolis Urteil über Marie von Ebner-Eschenbach

Wie eine Singstimme durch fortgesetzte Übung an Schönheit und Rundung des Tones gewinnt, so hat das Talent der Verfasserin, durch den Fleiß, der ihr zur Seite steht, zusehends an Umfang und Tragweite gewonnen. Ich meine nicht den Fleiß, der darin besteht, tagtäglich so und so viel Bogen vollzuschreiben – den haben nur gar zu viele! – sondern die künstlerische Gewissenhaftigkeit, die alles nur leidlich Gute als ungenügend verwirft, die, statt sich mit einem à peu près zu begnügen, an einem Werk unverdrossen schafft und feilt, bis sie es von der unscheinbarsten Makel befreit und nach bestem Erkennen und Vermögen alle seine Teile harmonisch zusammengestimmt hat. Dieser Fleiß, diese unnachsichtige Strenge gegen sich selbst, diese Hingebung, die keine Mühe und Arbeit scheut, wenn sie dem im Entstehen begriffenen Werke zu gute kommen können, sie sind es, die den Künstler vom Dilettanten unterscheiden, wenn auch die ursprünglichen Anlagen beider sich zufällig die Wage halten sollten.

Betty Paoli: „Božena“. In: Gesammelte Aufsätze. Eingeleitet und herausgegebene von Helene Bettelheim-Gabillon. Wien: Verlag des Literarischen Vereins in Wien 1908 (Erstdruck in der Beilage zur Augsburger Allgemeinen Zeitung, 1876)

Freitag, 17. Juli 2009 von Karin S. Wozonig
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Andenken

Betti Paoli
Ob heut als „überlebt“ zu gelten,
Ein gar so schlimmes Los ist?
Man liebt es, Jeden so zu schelten
Der überlebensgroß ist.

Wiener Sonn- und Montags-Zeitung 9. Juli 1894, S. 1